Canettis Blog


Der Mensch hat kein Privatleben verdient“, schrieb Elias Canetti seiner Freundin und zeitweiligen Geliebten Maria von Motesiczky. Dass dieser Satz zusammen mit anderen aus einer ursprünglich privat gedachten Aphorismenreihe nun veröffentlicht wird, hat also eine gewisse Logik.

Die FAZ druckt ein paar Beispiele in ihrer Printausgabe, und schon aus diesen wenigen Zeilen wird der persönliche Charakter dieser Notizen offensichtlich. Anders als etwa die Aphorismen des frühen Canetti-Vorbilds Karl Kraus, die in einem Satz schon den Sprung zum vollkommenen Kunstwerk schaffen möchten, sind Canettis Fragmente eben das: Bruchstücke von Gedankengängen, deren Verlauf sich im Text selbst nicht mehr greifen läßt.

Ganz beliebig wirkt die Sammlung aber nicht: Da will schon einer den Gedanken auf das kleinste denkbare Maß zusammenschnurren lassen. Je konzentrierter die Extrakte, desto apodiktischer der Gestus. Spricht hier ein Kleist zu seiner Wilhelmine von Zenge? Hätte Canetti schon gebloggt, dann hätte das vermutlich ähnlich ausgesehen.

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