Schiffbrüchiger Ulysses


Zweitausendeins vertickt ja oft einen fürchterlichen Ramsch, und vor dem, was da zur Zeit als Joyce-Ausgabe angeboten wird, kann man nur eindringlich warnen. Normalerweise bin ich ja sehr dafür, dass literarische Werke so frei verfügbar gemacht werden wie nur möglich, aber wenn man sich das Ding hier anschaut, möchte man beinah für ein ewiges Copyright zplädieren. Ganz schön frech, für das Machwerk auch noch mit einem Zitat von Fritz Senn zu werben, der hat im James Joyce Quarterly nämlich sehr deutlich aufgezählt, um was für einen Schiffbruch es sich da handelt:

The edition consists of Exiles, a volume called „Great Collection of Short Stories“ which turns out to be Dubliners, with the stories arranged in alphabetic order, from „After the Race“ to „Two Gallants“. But there is also a volume that says Dubliners on the spine: it contains „Chapters“ 9 to 12 of Finnegans Wake and is identical with Finnegans Wake, Vol. II. Ulysses is divided into three parts and seems to comprise all 18 episodes though „Eumaeus“ precedes „Circe“, probably to make the volumes of even size. Dialogue is not introduced by dashes, though the Portrait has them all right (the Dubliners stories feature quotations marks). Finnegans Wake, in three volumes (and the one duplicate that sails under „Dubliners“), offers „Chapters“ 1 – 8, 9 – 12, and 13 – 15. Missing are III.1 and II.3, the School Lessons, obviously for typographical reasons, as one could not possibly have three columns when the width of a page is not quite 7.5 cm. Paragraphs are accidental, there are hardly any italics, poetic passages are not marked, etc. […] A lot of effort and no obvious design must have gone into the concoction of a mess and an editorial disgrace.

Weil ich heute das Ding bei unserem Zweitausendeins-Laden im Schaufenster stehen sah, bin ich rein und hab es mir mal aus der Nähe angeguckt. In der Version, die ich in der Hand hatte, ist der Dubliners-Band nun nicht mehr mit Wake II identisch, sondern mit den Short Stories, zumindest fast, die Reihenfolge der Erzählungen ist nämlich unterschiedlich. Möglicherweise wurde das Ganze ja von einem Zufallsgenerator ediert. Editorische Hinweise, geschweige denn eine Verlagsangabe, sind auch nirgendwo zu finden. Noch mehr durchzublättern, war mir dann zu eklig, die Bändchen sehen schon im neuwertigen Zustand fieser aus als eine abgelutschte Gideon-Bibel im Nachtkästchen eines Hamburger Hafenhotels. Kein Wunder, dass das Machwerk auf der Zweitausendeins-Seite nicht abgebildet ist.

Seltsam ist allerdings, dass die Bände überhaupt noch in den Handel gehen, der Joyce-Enkel hat eigentlich erfolgreich dagegen prozessiert. (Die Pressemitteilung dazu enthält übrigens auch den Hinweis auf die doppelten Dubliners.) Will der Verlag so die Geldstrafe abstottern? Oder kommen die Bücher aus einer Konkursmasse?

Via Arno-Schmidt-Mailingliste.

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