Vor ein paar Wochen habe ich über die Entdeckung der Karte von Soleto geschrieben. In Turin wird nun – im Beiprogramm der winterolympischen Spiele – ein Papyrus aus dem 1. Jahrhundert vor Christus ausgestellt, und wie in Soleto spricht man hier von der ältesten Landkarte der Welt. Und in beiden Fällen hat man irgendwie recht.
Die Soleto-Karte stammt aus dem 5. Jahrhundert vor Christus und ist damit natürlich das ältere Artefakt. Aber sie hat noch relativ wenig mit einer modernen Landkarte gemein: Es handelt sich bloß um eine kleine Tonscherbe, in die ein Umriß der südostitalienischen Küste und die Lage von ein paar Ortschaften eingeritzt sind.
Der Papyrus, der in Turin zu sehen ist, geht da schon etwas mehr ins Detail: Er entstand vermutlich ein paar Jahrzehnte nach dem Tod des Artemidor von Ephesus, der eine der wichtigsten Quellen des Geographen Strabon war, und zitiert aus Artemidors Beschreibung einer Reise nach Spanien. Außer dem Text ist auf dem Papyrus noch die kartographische Darstellung einer Landschaft zu sehen. Es ist zwar nicht sicher, um welche Landschaft es sich dabei handelt (vermutlich die Guadalquivir-Region), aber man kann erkennen, dass der Zeichner die räumlichen Gegebenheiten – Flüsse, Straßen, Siedlungen – recht genau wiedergeben wollte. Und damit ist der Papyrus in der Tat die älteste erhalten gebliebene Landkarte, auf der so etwas versucht worden ist.
Diese Karte ist aber nur Entwurf geblieben. Später wurde der Papyrus als Skizzenblatt benutzt und mit realen und mythischen Tiergestalten bemalt. Und noch einmal später verwandte man das Pergament, zusammen mit anderen Dokumenten und Briefen, um eine Mumie zu präparieren – nur deshalb ging es nicht verloren.
Wer den Papyrus sehen möchte: Vom 8. Februar bis zum 7. Mai ist er im Palazzo Bricherasio in Turin ausgestellt, zusammen mit weiteren Exponaten, die das kulturelle Umfeld seiner Entstehung illustrieren sollen. Weitere Informationen gibt es (auf italienisch) hier.
(Siehe auch Die älteste Landkarte der Welt.)
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