Whistleblowing


Ich kann an der Diskussion um das Verhalten von Transparency Deutschland nichts Komisches mehr finden. Dabei geht es ja eigentlich um eine ganz simple Sache, nämlich ob man Kritik oder einfach nur persönliche Enttäuschung über etwas formulieren darf, ohne dafür mit juristischen Drohgebärden gemaßregelt zu werden. Selbst wenn Moni, die Gedankenträgerin, mit ihrem Bericht völlig falsch gelegen hätte, und selbst wenn man ihr ein halbes Dutzend Fehler und Versäumnisse nachweisen könnte: Ihr Ärger über das Pech der Freundin klingt mir um ein Vielfaches aufrichtiger, ernsthafter und engagierter als die Reaktionen, die man von TI-D zu sehen bekommt. Da lese ich nur Arroganz, Einschüchterungsgehabe und dickbäuchiges Aussitzenwollen.

Es ist diese Arroganz, die mich am meisten aufregt an der Geschichte. Dass es Kritikresistenz und Aufplustertum auch in Bürgerinitiativen und NGOs gibt, ist ja meinetwegen nichts Neues, aber es nervt doch immer wieder sehr, vor allem da, wo es ja eigentlich redliche Anliegen zu diskreditieren droht. Und es mag sein, dass man es einem Arbeitgeber nicht verdenken kann, wenn er Details eines Arbeitsverhältnisses nicht an die Öffentlichkeit gezerrt haben will. Aber dieser Tonfall des Übers-Maul-Fahrens, dieser Verzicht auf Dialog, Argumente, Stil und Grammatik, das paßt nicht zu einer Organisation, die sich Transparenz auf die Fahnen geschrieben hat. Und auch nicht solche Sätze:

TI-D wird Personalangelegenheiten nicht in der Öffentlichkeit diskutieren, auch wenn die Angelegenheit dann in einem anderen Licht erscheinen würde.

Wenn einem daran gelegen ist, dass es eine lebendige demokratische Kultur gibt, dann sollte man drauf achten, dass die nicht nur über, sondern auch in den Initiativen und Projekten stattfindet. Ich bin diesem Tonfall zu oft begegnet, und er hat viel zu viele unschöne Geschichten orchestriert, als dass ich das Bruhaha um Transparency jetzt so einfach links liegen lassen könnte. Es gibt manche Mücken, die man zu Elefanten aufblasen muss, weil sie sonst keiner mehr bemerkt, und ich möchte schon wissen, wie so eine Organisation damit umgeht, wenn solche Dinge mal über die eigenen vier Wände hinausdringen.

Komisch finde ich allenfalls einen Aspekt, nämlich dass es ausgerechnet gestern in den etablierten Medien nur eine Meldung zu Transparency gab, und dass die sich auf die Einrichtung einer Whistleblower Hotline durch das Schweizer Chapter bezog. Whistleblower, lernen wir da, sind Menschen, die „llegale oder unethische Praktiken am Arbeitsplatz aufdecken“. In der Schweiz jedenfalls will man jetzt dafür sorgen, dass jemand, der Kritik an Arbeitsverhältnissen übt, keine Angst vor unangemessenen rechtlichen Sanktionen haben muss. Mir scheint, das deutsche Chapter könnte in der Schweiz noch was lernen.

Nachtrag: Wenn schon schäbig, dann richtig. Laut Focus gibt es eine Pressemitteilung von Transparency. Auf der Website ist sie nicht zu finden, aber vielleicht ist das auch gut so, denn darin werden laut Focus „die angeblich so schützenswerten Personalangelegenheiten detailliert ausgebreitet“. (Warum die Pressemitteilung nicht mehr zu finden ist, wird in einem Kommentar beim Lawblog angedeutet:

ein Mitarbeiter, der sich nicht zitieren lassen will, sagt, daß es in einer Telephonkonferenz heute morgen einen Vorstandsbeschluß gab, der die Rücknahme der Pressemitteilung zur Folge hatte. Man will jetzt die „Köpfe einstecken und das Gewitter über sich hinwegziehen lassen.“

So viel zum Thema Transparenz bei Transparency Deutschland … )

Nachtrag 2: Und da ja nichts wirklich verloren geht, ist auch die Pressemitteilung wieder aufgetaucht. Es paßt natürlich ins Bild, dass sich die darin geschilderte Version der Vorfälle letztlich kaum unterscheidet von dem, was Moni vorher geschrieben hatte. Wie war das noch mal mit dem Esel und dem Glatteis?

(Und wer jetzt gar nicht weiß, worum es geht, kann das Wichtigste hier, hier und hier noch mal nachlesen.)

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