Es gibt Wörter, mit denen man die unsinnigsten Assoziationen verknüpft. Mir geht es jedesmal so, wenn ich das Wort „Hotelzimmer“ höre. Dann fällt mir unweigerlich ein, wie sich Bernd Begemann in irgendeinem Interview mal darüber echauffiert hat, dass Nena in einem ihrer Lieder das Wort „Hotelzimmer“ (oder „Motelzimmer“?) ganz falsch betont: „Hó’telzimmer“ statt „Hotél’zimmer“. Ich weiß nicht, warum ich mir das gemerkt habe, aber seither schießt mir jedesmal, wenn ich ein Hotel betrete, durch den Kopf: „Hotél’zimmer“, nicht „Hó’telzimmer“! Fürchterlich. Und ich habe in meinem Leben viele Hó’telzimmer betreten, müssen sie wissen.
Das Hotel ist schon recht alt. Es sieht so aus, als ob der Besitzer haben nicht alles in diesem Hotel während der letzten 20 Jahre. Wie auch immer, die Zimmer sind sehr sauber. Es gibt eine Internetverbindung zur Verfügung aber man zahlt viel für die Verbindung. Das Frühstück ist sehr schlecht (nur kalte Speisen).
LindaNetherlands, Oktober 2008
Mit solchen Banalitäten beschäftigt man sich vor allem dann, glaube ich, wenn das Hotel, das man aufsucht, nicht viel an sonstigen ästhetischen oder touristischen Reizen bietet. Natürlich ist mir das Begemann-Zitat auch wieder eingefallen, als ich in Bonn das Hotel Beethoven besucht habe. Das ist einer dieser unscheinbaren, zweckmäßigen Sechziger-Jahre-Bauten, der nach außen nicht viel behauptet, nicht mal Gastfreundschaft. Aber es hat eine ausgesprochen gute Lage. Zentral, mit Blick aufs Rheinufer, direkt neben dem Schauspielhaus, und darum will ich gern glauben, dass das Hotel „in seinen Glanzzeiten viele internationale Gäste aus Politik und Kultur“ beherbergte. Wenn man bei einem so betont nüchternen Bau überhaupt von „Glanzzeiten“ sprechen kann. Nena war möglicherweise auch schon mal da. Vielleicht sogar Bernd Begemann.
The hotel seemed rather old, like it has never been renovated. Breakfast poor. The room was so small, seemed like a cage. Parking not so good for big cars. Location was perfect and hotel staff very helpful.
gkel, August 2008
Das ist Vergangenheit. Der Hotelbetrieb hat vor einiger Zeit dicht gemacht, das Areal ist verkauft und demnächst soll hier ein Komplex mit schicken Appartements errichtet werden. Bevor das passiert, wird das Gebäude noch mal mit einer Ausstellung „bespielt“ (wie das bei Marcel Reif heisst): Fully Booked, veranstaltet von einem Verein mit dem Namen Moving Locations, der sich das „Bespielen“ (wie das bei Béla Réthy heisst) von Orten, die nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung stehen, zum Ziel gesetzt hat. Fully Booked ist, wenn ich es richtig verstanden habe, das erste Projekt dieser Art, und hoffentlich nicht das letzte. (Bespielenswerte Räumlichkeiten gibt es schließlich in Bonn mehr als genug.)
Eine schlimme Erfahrung dieses Hotel. Wir suchten dieses Hotel im Rahmen einer Geschäftsreise auf. Die Lage ist hervorragend und sehr zentral, aber das ist auch alles was man als positiv bewerten kann. […] Der Zustand der Zimmer ekelerregend schmutzig und abgewohnt. Sollte die DEHOGA dieses Hotel je besuchen sind alle Sterne und auch die Hygenezulassung dahin.
Andreas, o.D.
Etwa 50 Künstler und Künstlerinnen haben die Kuratoren Christine Rühmann und Sjaak Beemsterboer eingeladen, fast jeder bekam ein Zimmer zur Bearbeitung zugeteilt (einige auch Foyer, Treppenhaus oder Flure), die Kuratoren selbst haben sich das Penthouse im obersten Stock vorgenommen. Und diese Um-, Quer- und Mißgestaltungen sind ja an sich schon ein ungeheuerlicher Vorgang, schließlich ist ein Hotel doch eigentlich ein Gebäude, dass von seiner Funktion her Individualität nur einen begrenzten Raum haben darf und Vergänglichkeit unsichtbar bleiben muss. Und nach elf kommt die Putzkolonne, dann wird alles weggewischt, was über die Nacht an Spuren persönlicher oder allgemeiner Geschichte zurückgeblieben ist. Mehr Historie als ein paar Fotos prominenter Gäste in der Hotelbar darf es nicht geben.
Beethoven hätte sich im Grab umgedreht, wenn er wüsste, dass so ein Haus seinen Namen trägt! Wie kann man nur heutzutage so ein Hotel mit ruhigem Gewissen betreiben? Ich persönlich habe mich vor den ausländischen Gästen aus Japan, Russland etc. für diesen Standard in der ehemaligen Hauptstadt geschämt.
Beate, September 2008
Das Hotel „Beethoven“ hat allerdings, wie man schnell erkennen kann, seine Funktion in den letzten Jahren nur mehr schlecht als recht erfüllt. Teppiche, Fenster, die Reste der verbliebenen Inneneinrichtung – alles ist ziemlich abgenutzt und heruntergekommen. Das Hotel wirkt wie eine dröge Behörde, in die Übernachtung nicht mehr als ein abzuarbeitender Tagesordnungspunkt war. Die nüchterne Zweckmäßigkeit der Architektur und der Verzicht auf jede individualisierende oder regionalisierende Spielerei macht das Hotel nun zu einem leichten Opfer für künstlerische Archäologien. Und die nehmen sehr unterschiedliche Formen an: Mal minimalistisch, mal überbordend; mal vorsichtig und behutsam, mal prekär und vandalistisch; und es gibt natürlich auch den einen oder anderen Verweigerer, der sich vom Hotelzimmer keinen Dialog aufzwingen lassen wollen und stattdessen einfach ein paar Bilder aufhängen.Ganz „ausgebucht“ ist das Hotel übrigens nicht: Ein paar Zimmer bleiben mysteriöserweise verschlossen, und wer will, kann sich seine Geschichte dazu denken.
Das Hotel hat den Charme einer Jugendherberge aus den 70-ziger Jahren. Alles wirkt irgendwie dreckig und abgenutzt. Von Sauberkeit kann man überhaupt nicht reden. Das trifft für Innen wie auch Außen zu.
Karin, Mai 2008
Die Vielfalt an unterschiedlichen und fast durch die Bank sehenswerten künstlerischen Positionen ist bemerkenswert, und man kann die Organisatoren nur bewundern. Diese Vielfalt ist allerdings auch nicht ganz unproblematisch. Fünfzig Sichtweisen wollen erst mal gewürdigt werden, und wenn man schließlich im Penthouse angekommen ist, fühlt man sich ein wenig wie ein Staatssekretär nach einem langen Konferenztag, möchte am liebsten die Tür hinter sich zu ziehen und ins Bett fallen. Aber das ist nur eine etwas beiseite gesprochene Nörgelei, und schließlich bietet sich auch nicht alle Tage die Möglichkeit, in so einem Rahmen so viele unterschiedliche künstlerische Standpunkte zusammenzubringen.
„Fully booked“ läuft noch bis zum 28. Februar. Die eingestreuten Zitate stammen übrigens aus Bewertungen des Hotels Beethoven, das sich noch immer bei einigen einschlägigen Internet-Portalen gelistet findet.
Das Hotel ist total abgewohnt, schäbige Möbel, aber das Personal, insbesondere beim Frühstück, war nett
Hartmut, Februar 2008
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