Magazines & War ist das Online-Relikt einer Ausstellung, die von Januar bis April 2007 in Madrid stattfand und sich, so der Untertitel, der „Print-Kultur“ in den Jahren 1936-1939 widmete. Ein sehenswertes Relikt ist es allemal: Die Website bietet, in einem sehr ansprechenden Layout, einen Überblick über Zeitschriften, Illustrierte, Magazine, die in dieser Zeit erschienen sind. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Magazine, die auf Design und Fotografie besonderen Wert legten.
Dass die Geburt der Illustrierten eine wichtige Rolle für die Entwicklung der modernen Kunst gespielt hat, war eine der Thesen, die die Ausstellung transportieren sollte: Die moderne Form der Zeitschriftengestaltung, mit ihrem größeren Augenmerk auf Layout und Design, bot ein zusätzliches Medium zur Kommunikation neuer ästhetischer und grafischer Ideen. Zugleich haben die formalen Trends moderner Kunst – Abstraktion, Reduktion, Überzeichnung – auch ihrerseits Konsequenzen für die öffentliche Auseinandersetzung mit den Inhalten gehabt, die dadurch transportiert wurden. (Und umgekehrt die Auseinandersetzung der Kunst mit den öffentlichen Themen beeinflusst.)
Das lässt sich auf der Website in einigen Fällen sehr detailliert nachvollziehen. Einige Zeitschriften können komplett durchblättert werden, und auch wenn es zwischen den einzelnen Beispielen große Unterschiede gibt, sieht man doch, wie gezielt an vielen Stellen Grafik, Typographie und Fotografie eingesetzt werden, um die Resonanz von Botschaften und Inhalten zu beeinflussen und die Freiheit des Lesers, einfach weiterzublättern, herauszufordern. Das gilt nicht nur für die propagandistischen Inhalte im engeren Sinn: Der Krieg ist ständig präsent, aber er lässt hier und da immer noch Atempausen für Modestrecken, kulturhistorische Belehrungen oder feuilletonistische Betrachtungen. Aber gerade in diesen Versuchen, innerhalb der Apokalypse das Alltägliche zu behaupten, zeigt, wie sehr dieser Krieg auch eine Auseinandersetzung über die Moderne an sich war, und mit den unterschiedlichen Modellen, die die Dynamik der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen miteinander aussöhnen sollten.
Das ist an mehr als einer Stelle Thema, etwa in der Wirtschaftszeitschrift Economia – eine Art katalanischer Urahn von brand eins, scheint mir – , wo mit den Mitteln des Layouts eine Katalonien als explizit moderne Nation aufgebaut werden soll. Aber auch die franquistischen Magazine kommen gar nicht darum herum, sich auf der grafischen Ebene in eine Auseinandersetzung zu begeben, die sonst mit Waffengewalt niedergekämpft wurde; so findet zum Beispiel – ebenfalls katalanischen – Zeitschrift Vértice neben üblichen reaktionär-katholischen Blut-und-Boden-Ästhetik auch Raum für spielerische grafische Experimente.
Und zwischen all dem steht die omnipräsente und auch in der intensivsten Phase des Kriegs nicht pausierenden Werbung wie ein zynischer Kommentar, beispielsweise wenn „gegen Schmerzen“ einfach eine Tube Aspirin empfohlen wird.
Offensichtlich scheint es bei der University of Illinois noch weitere Bestände zu geben. Der entsprechende Link funktioniert bei mir allerdings nicht („No permission to access this collection“) – was allerdings auch für andere Rubriken der digitalen Bibliothek dieser Uni gilt. Nur mein Problem oder ein allgemeines?
(Via.)
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