… ’s Dörfli sinkt no selber in si Grab
– Johann Peter Hebel
Staufen im Breisgau sinkt „jede Woche um einen Millimeter“, berichtet der SWR, „deutlich schneller als Venedig“. Schuld sind möglicherweise geothermische Bohrungen:
Nachdem der Gemeinderat beschlossen hatte, das Rathaus mit Erdwärme zu heizen, wurden im September 2007 sieben Erdwärmesonden in 140 Meter Tiefe versenkt. Wenige Wochen danach traten die ersten Schäden mit zum Teil meterlangen Rissen an etlichen Häusern auf.
Und die Badische Zeitung vermutet:
[Bei den Bohrungen] sei in 32 Meter Tiefe ein so genanntes artesisch gespanntes Grundwasser angetroffen worden. Der Gutachter will nicht ausschließen, dass dieses Wasser nun durch undichte Stellen nach oben „abwandert“ und so für die Bodensenkungen verantwortlich ist. Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, müssten die betroffenen Stellen abgedichtet werden.
Staufen liegt direkt am Oberrheingraben: Dass die Erde bebt, ist da nichts Ungewöhnliches. Aber normalerweise macht man natürliche Ursachen dafür verantwortlich. Kann es aber auch sein, dass die Spannungen und Stauchungen unter der Erdoberfläche so empfindlich sind, dass eine Bohrung wie ein Nadelstich wirken, quasi die unterirdische Muskulatur und das subterrane Nervensystem der Erde zu unerwarteten Reaktionen reizen kann? Dass einige Erdbeben weniger natürliche als menschliche Ursachen haben könnten, weiß man schon länger. Und erst vor einigen Monaten, zur Jahreswende 2006/7, lösten geothermische Bohrungen in Basel tatsächlich eine Serie kleiner Erdbeben aus.
Beim Hot-Dry-Rock-Verfahren, das auch nicht weit von Staufen, im elsässischen Soultz, im Großversuch getestet wird, nimmt man die Verursachung kleiner tektonischer Bewegungen -„Mikrobeben“, wenn man so will – geradezu bewusst in Kauf. Und es gibt sogar die Auffassung, dass die Auslösung vieler kleiner Beben die Gefahr einer großen Katastrophe verringern könnte.
Aber was bisher eher eine zufällige Nebenerscheinung ist, ließe sich doch sicher zu einer zukunftsfähigen Technologie ausbauen: Erdbeben gezielt und regional auslösen. In Hollywood ist tektonische Kriegsführung längst eine etablierte Idee. Aber so spektakulär muss man gar nicht denken. Wie wäre es mit kleinen, pragmatischen Systemen, die zielgerichtete Mikrobeben ermöglichen? Zum Beispiel als landschaftsarchitektonische Dienstleistung, um Hügel zu bewegen, Brunnen zu bohren oder Teiche anzulegen?
Zur selben Zeit, in einer der von der Subprime-Krise überrollten amerikanischen Vorstädte, steigt ein bankrotter Hausbesitzer in den Keller seines Hauses. Er wirft den Motor eines Gerätes an, das wie eine Mischung aus Seismograph und Rasenmäher aussieht. Leise surrend schickt die Maschine regelmäßige Impulse in den Boden, der allmählich zu vibrieren beginnt. Langsam, ganz langsam, beginnt das Haus zu versinken. Die wenigen im Viertel verbliebenen Nachbarn werden erst nach einigen Wochen bemerken, dass sich etwas in der Straße verändert hat. In den Medien wird es geteilte Meinungen geben: Die einen werden die Absurdität dieser Handlung nicht verstehen wollen, die anderen werden darin einen heroischen Akt der Selbstauslöschung sehen. Aber auch anderswo werden die Häuser zu sinken beginnen …
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