Das Bild vom „Rüstungswettlauf der digitalen Täuschung“ (arms race of digital deception), dass der Kommunikationswissenschaftler James Katz geprägt hat, ist eine treffende Formulierung für die interessante Dialektik zwischen Spuren legen und Spuren verwischen, die das Internet im Moment ausmacht.
[F]or every device that provides “truth”, another channel or device emerges that facilitates deception.
Eine der blöderen Folgen von Web 2.0 ist ja das der kleinmäxchenhafte und unreflektierte Umgang mit einem Begriff wie Authentizität: der Glaube, dass Medien wie Blogs, Flickr, Twitter eine „authentischere“ Abbildung von Orten, Ereignissen und Meinungen bieten und damit auch einen besseren Zugriff auf die Person, die sich dahinter verbirgt. Als ob es im Web nichts Besseres zu tun gäbe als authentisch zu sein. Da ist dieser Vortrag von Geneviève Bell ein guter Widerspruch. Bell, Anthropologin und „Director of User Experience“ bei Intel, erläutert da sehr schön die Rolle die Täuschungsmanöver, Finten, Lügen und Verschweigen in der Kommunikation spielen. Das gilt auch für Blogs, Communities, Foren, wo Selbstinszenierung, das Spielen mit Masken (Avataren, Pseudonymen) und Rollen (Journalist, Tagebuchschreiber, Experte) geradezu konstitutiv sind.
Trotzdem kommt das Netz natürlich zwei wichtigen Tendenzen entgegen, nämlich die Technologie der Beobachtung näher aufs Individuum zu fokussieren, und insgesamt die Produktion und Verteilung von privaten Daten arbeitsteiliger zu gestalten. Wie geht man mit den digitalen Spuren um, die man im Internet hinterläßt. Es gibt, sagt Nicholas Nova, im Grunde zwei Strategien: Das eine wäre, das Hinterlassen von Spuren grundsätzlich zu minimieren. Das würde in letzter Konsequenz auch bedeuten, anderen die Spurensicherung zu verwehren (etwa durch raffinierte technische Methoden wie das Capture Resistant Environment, das Digitalkameras am Fotografieren hindern soll.)
Die andere Möglichkeit wäre, Werkzeuge zu entwickeln, die Spuren sozusagen gegenläufig oder inflationär streuen. also gewissermaßen ein weißes Rauschen an Informationen zu erzeugen, hinter dem das „tatsächliche“ Subjekt verschwindet. Die Diskussion um pseudonyme Anmeldungen beim StudiVZ geht wohl in so eine Richtung.
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