Auf einigen Stadtplänen findet man sie noch (und sogar bei Yahoo Maps, aber nicht bei Google). Das städtische Fremdenverkehrsamt erwähnt sie immerhin beiläufig, und wenn ich es richtig weiss, dient sie sie noch als Grenzmarkierung für Wahlkreise und andere administrative Belange: Die Teufelstreppe in Koblenz.
Woher sie ihren Namen hat, weiss ich nicht. Die teuflische Assoziation gibt es ja sonst gerne bei Bauwerken, die so aussergewöhnlich waren, dass man sich ihre Fertigstellung nur mit diabolischer Unterstützung erklären konnte. So spektakulär ist die Teufelstreppe nicht, auch wenn sie ein recht steiles Gelände bewältigen muss. Sie diente früher als Verbindung zwischen dem Horchheimer Tor (von dem einige Reste am Pfaffendorfer Hafen erhalten geblieben sind) und dem (verschwundenen) Werk Glockenberg auf der Pfaffendorfer Höhe.
Der Großteil der Koblenzer Festungsanlagen musste im Zuge des Versailler Vertrages entfestigt werden. Die Teufelstreppe konnte man jedoch erhalten, und so gibt es sie bis heute. Begangen werden kann sie allerdings nicht mehr wirklich: Der untere Einstieg an der B49 ist mit einem Gitter versperrt, der obere, in der Nähe des Hotels Rheinkrone, mit einem (etwas halbherzig angebrachten) Bretterverschlag. Die Anlage macht den Eindruck, als ob man sie ihrem Schicksal überlassen wolle: Auf den Stufen sammelt sich Schlamm und Müll, an einigen Stellen verbarrikadieren umgestürzte Bäume und Äste den Weg.
Wer sich trotzdem auf die Treppe begibt, kann den Ort fast als Idyll wahrnehmen. Es ist schön schattig hier, das Rauschen der Blätter vermischt sich mit dem Rauschen des Verkehrs, und man kann sich auf die Stufen setzen, um über die Farbkomposition von Kindergummistiefeln zu rätseln, Käfern bei logistischen Maßnahmen zuzusehen und Spinnen beim Weben erstaunlich kunstvoller Netzen, die in Spinnenlegenden dann Teufelsnetze genannt werden.
Der Zustand der Treppe ist nicht untypisch für den Umgang, den die Stadt mit vielen ihrer baulichen Zeugnisse pflegt. Vorgehalten werden ein paar touristische Sahnestückchen – Deutsches Eck, Ehrenbreitstein -, was sonst noch vorhanden ist, wird allenfalls schulterzuckend bedacht. Ich weiss nicht, ob es daran liegt, dass Koblenz immer schon eine Stadt der Militärs und Bürokraten gewesen ist. In so einem Klima bezieht sich das Interesse an landschaftlichen und historischen Gegebenheiten oft nur auf die Frage, ob sie Hindernisse für die strategischen oder administrativen Notwendigkeiten darstellen.
Koblenz jedenfalls ist eine Stadt, die sich nur zu gern ins Korsett zwängen läst – ein Eindruck, den die Topographie noch verstärkt: Früher der Gürtel der Festungswerke, heute die Betonriemen der allgegenwärtigen Ausfalls- und Durchgangsstraßen. (Ich kenne wenige Städte, die auf so wenig verfügbarem Raum so viele mehrspurigen Straßen untergebracht haben.) Charakteristisch ist dann aber wieder, dass man das, was übrigbleibt, nicht rücksichtslos aus dem Weg räumt, sondern einfach sich selbst überlässt, als ob selbst das Wegräumen zu viel der Arbeit wäre.
Vermutlich wird auch die Teufelstreppe noch eine Weile vor sich hin dämmern. Irgendwann setzt sich dann vielleicht der Hang in Bewegung und lässt alles gnädig verschwinden: Spinnen, Käfer und Gummistiefel.
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