Auf dem Gelände des alten Bahnausbesserungswerks in Nippes entsteht ein neues Wohngebiet. Überregionale Beachtung hat vor allem der Teil gefunden, der unter dem Namen Stellwerk 60 zur ersten autofreien Siedlung Kölns entwickelt werden soll, „das größte Wohnprojekt dieser Art in Deutschland“, wie die zuständige Verwaltungsgesellschaft stolz behauptet.
Das Areal hier – die „Hohr-Siedlung“ – unterscheidet sich dagegen mit seiner dicht gedrängten Bebauung nur wenig von anderen Wohnsiedlungen. Kurios finde ich aber das kleine Detail links unten, in der Grünanlage: Hier hat man ein kleines Restchen Mauerwerk stehen lassen, eine dekorative Mini-Ruine. Sogar ein paar pittoreske Schmuddeligkeiten, wie Farbreste oder unsauber verteilten Mörtel, hat man dem Mäuerchen belassen. Als wollte man dem etwas glatten und sterilen Eindruck, den die Wohn- und Grünanlage machen, wenigstens ein bisschen antik scheinendes Flair entgegensetzen.
Das sieht ein bisschen pathetisch aus, aber nichtsdestotrotz erinnert es mich ein wenig an die aufwändigen Pseudo-Ruinen, mit denen manche englische, französische oder italienische Gärten verziert wurden. Postindustrialismus für alle.
Ein paar echte Ruinen gibt es noch auf dem Areal. Dazu gehört auch die ehemalige Kantine, in den 90ern einer der wichtigeren Veranstaltungsorte in Köln, wo es zwischen Ü30-Partys und Public Viewings auch immer mal gute Konzerte zu sehen gab. Die Betreiber sind längst weitergezogen, an den Militärring. Verkehrstechnisch eine deutlich ungünstigere Lage, aber das ist nicht der einzige Grund, warum die Kantine von meinem Radar verschwunden ist.
Schon damals, als es noch Konzerte gab in der alten Kantine, war das Gelände in einer Art Dämmerzustand. In den verwilderten Gebüschen stolperte man hier und da über zugewachsene Bahngleise. Und siehe da, auch davon gibt es noch ein paar Überbleibsel.
Die werden sicher bald ebenfalls verschwinden. Und auch die Kantine wird dran glauben müssen. Aber vielleicht bleibt dann wenigstens auch ein Mäuerchen von ihr übrig.
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