Aufweichung einer Küstenlinie: Das Projekt Vlaamse Baaien 2100 sieht eine umfangreiche Umgestaltung der belgischen Küste vor, vor allem einen Archipel künstlicher Inseln. Glaubt man belgischen Medien, dann ist das Projekt so etwas wie eine Universallösung für eine Reihe drängender Themen: Es soll nicht nur einen nachhaltigen Schutz der Küste vor Sturmfluten und steigendem Meeresspiegel gewährleisten, sondern auch neue Impulse für Fremdenverkehr, Hafenentwicklung sowie Neulandgewinnung für Siedlungsbau und Umweltschutz liefern.
Präsentiert wird das Megaprojekt zwar erst einmal als Vision, die vor allem Denkanstöße liefern soll. Allerdings gibt es durchaus schon namhafte Unterstützung, etwa vom flämischen Ministerpräsidenten Kris Peeters. Bemerkenswert ist, dass das Projekt ganz explizit als eine Art Anti-Dubai deklariert wird:
The project is in many ways meant to be a counter-point to the paradigm of the Palm in Dubai: instead of arbitrary geometries, it is based on morphological logic; instead of elite, it is democratic; instead of unsustainable, it is very ecological.
So heisst es auf der Website des beteiligten Büros ORG. Dort gibt es auch einige interessante Bilder sowie ein paar weitere Informationen. So sollen die künstlichen Inseln die existierende Morphologie berücksichtigen und auf bereits bestehenden Sandbänken konstruiert werden. Einige Inseln sind gezielt als Naturreservate geplant, andere als mögliche Tourismus- oder Siedlungsplätze für „Dünendörfer“ mit bis zu 3.000 Einwohnern. Beabsichtigt sind außerdem große Windkraftanlagen, die freilich „weit genug entfernt von der Küste“ platziert werden sollen, um nicht „die Blicke aufs Meer einzuschränken“.
Dass die verbaute belgische Küste ein paar ökologische Impulse vertragen kann, ist keine Frage. Bei dem großen thematischen Bogen, den das Projekt spannt, lassen sich sicher einige Diskussionsimpulse daraus erzeugen. Andererseits darf man auch nicht vergessen, wie Alexander Trevi richtig bemerkt, dass Megaprojekte dieser Art oft dazu tendieren, neue Probleme zu generieren statt bestehende zu lösen – ganz zu schweigen von der Frage, ob sowas im aktuellen ökonomischen Klima überhaupt nachhaltig finanzierbar wäre. Mal abwarten, wie weit man in Flandern mit dieser Idee kommt – und was in den Niederlanden und in Frankreich dazu gesagt wird.
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