Alleycats sind informelle Fahrradrennen, remixed mit Elementen aus Orientierungslauf, Schnitzeljagd und Grillparty. Sie gehören, wie ein paar andere Dinge auch, zur lebendigen Fahrrad-Subkultur, die sich in den vergangenen Jahren aus den Szenen der Mountainbiker, BMXer, Fahrradkuriere usw. herausgebildet hat.
Mit dem Fahrrad durch die Gegend fahren und Aufgaben lösen, ist ja eigentlich eine ziemlich altmodische Idee, sowas macht man auch auf Dutzenden von Pfadfindertreffen oder Vereinsfesten. Aber der Witz von Veranstaltungen wie Grand Theft Velo besteht natürlich gerade in der ironischen Vermischung solcher alter Ideen mit Elementen der eigenen Pop- und Subkultur, so wie die Pointe eines Mashups weniger darin liegt, dass er etwas komplett Neuartiges darstellt, sondern dass er bekannte Elemente in einen neuen Kontext bringt.
Grand Theft Velo gehört, wenn ich es richtig sehe, schon zu den etablierteren Alleycats in den USA und ist insofern auch ein schönes Beispiel für den Balanceakt, den solche Subkultur-Phänomene zwischen Enthusiasmus (Mitmachen ist alles, Spaß haben ist wichtiger als Siegen) und Professionalisierung (Sponsoren-Pools, Merchandising) vollführen. Die Pointe ist natürlich der Bezug auf Grand Theft Auto, der nicht nur im Namen besteht: „Riders will complete a series of missions complete with tacky story-telling and silly gang-names in order to open the next area of the city“, erklären die Organisatoren.
Neue Ebenen der Stadt erschließen: Es geht, bei allem Spaß, also auch darum, urbane Räume und ihre Möglichkeiten auf eigene Faust zu erschließen und zu definieren. Der Name Alleycat signalisiert dabei schon, dass es sich hier um eine Perspektive von unten handeln soll, um das romantische Ideal einer städtischen Guerilla, die die Welt aus Hinterhöfen und Seitenstraßen in den Blick nimmt.
Ob man das nun als reine Fun-Veranstaltung definiert oder explizit politisch auflädt: Phänomene wie die Alleycats zeigen, wie sehr ein, nennen wir’s mal so, „architektonisches“ Denken bereits in die Pop- und Subkulturen eingesickert ist. Architektur auch hier in einem ganz weiten Sinn verstanden, als Auseinandersetzung mit dem Raum, der einen umgibt. Territoriales Hacking.
Das ist eine interessante Parallellentwicklung zu den offiziellen politischen und kulturellen Diskursen (und sicher auch eine Reaktion darauf), die der Gestaltung urbaner und regionaler Räume in den vergangenen Jahren immer größere Bedeutung beigemessen haben. Es ist unvermeidlich, dass sich hier Nahtstellen und Verwerfungen bilden, an denen sich Diskussionen, Kreativität und Konflikte entzünden. Die neue Qualität, die sich beobachten lässt, ist die Entstehung neuer pop- und subkultureller Praktiken, die sich unmittelbar auf den Raum beziehen, Poparchitekturen sozusagen. Vielleicht könnten diese Praktiken einmal eine ähnliche Rolle übernehmen wie Popmusik und Popliteratur, bevor sie ins Festschreiben von Klassizismen abdrifteten: Als Felder, in denen soziale Dynamiken ihren unmittelbarsten Ausdruck finden können.
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