Ein Club Med wird demoliert


Club Med, Cap de Creus
Club Med, Cap de Creus (Photo: Guy James)

Nahe der katalanischen Kommune Cadaqués wird das Areal eines Club Med dem Erdboden gleichgemacht. Und zwar im eigentlichsten Wortsinn: Nach dem Willen des spanischen Umweltministeriums soll die Anlage (bis auf einige wenige Einrichtungen) komplett verschwinden und der Wildnis überlassen werden. Das Gelände befindet sich mitten in einem Naturschutzgebiet, dem Parc Natural del Cap de Creus, und in diesen Park soll es nun auch eingegliedert werden.

Man könnte in diesem Akt eine symbolische Geste sehen: Eine Art ökologische Wiedergutmachung an der Natur, die durch den Massentourismus oft genug strapaziert wird. Die offiziellen Verlautbarungen legen so eine Deutung jedenfalls nahe, zumal man auch auffällig darauf bedacht ist, die umweltschonenden Aspekte schon der Zerstörung selbst zu betonen: Staubentwicklung soll möglichst vermieden werden; vor Ort werden allenfalls Materialien entsorgt, die auch tatsächlich von dort stammen; wo nötig, werden Arbeit von Hand erledigt statt mit schweren Maschinen. Insgesamt investiert das spanische Umweltministerium nach eigenen Angaben rund drei Millionen Euro in die Aktion, zusätzlich zu den fünf Millionen Euro, die der Erwerb des Geländes gekostet haben soll.

Die Wüstung ist aber sicher nicht nur eine ökologische, sondern auch eine politische Geste. Das Zeitalter des Massentourismus begann in Spanien in den frühen Sechziger Jahren, als das Franco-Regime entschied, dass eine vorsichtige Öffnung der politischen und wirtschaftlichen Isolation an der Zeit wäre. Die Folgen des daraus resultierenden Bau-Booms sieht man von Cadaqués bis Huelva noch heute, und es ist ja kein Geheimnis, dass Investitionen und Entscheidungen oft genug auf grauen Kanälen, über lokale und regionale Bedenken hinweg in Bewegung gesetzt wurden, von Umweltschutz-Kriterien ganz zu schweigen. Die Feriensiedlung in Cadaqués dürfte auch nicht ganz auf dem Boden der Legalität gebaut worden sein (wie hier in einem Taucherforum angedeutet). Gerade in einer selbstbewussten Region wie Katalonien ist das auch ein politisches Thema: Die Zubetonierung der Strände gilt vielen als augenfälliger Beleg für die Bevormundung durch das Regime in Madrid.

Die Demolierung des Club Med von Cadaqués markiert nun nicht unbedingt eine Trendwende, dazu gibt’s am gerade am spanischen Mittelmeer auch zu viele Gegenbeispiele: Ich kenne auch nicht viele andere Fälle, in denen mit ähnlicher Konsequenz und Radikalität vorgegangen wird (und ob tatsächlich alle durchgeführten Maßnahmen ökologisch und nachhaltig sinnvoll sind, müßte man noch im Detail überprüfen). Gleichwohl ist die Wüstung dieses Feriendorfes ein Akt negativer Architektur (um’s mal so zu nennen), in dem verschiedene aktuelle Diskussionen sichtbar und durch eine Art Rücknahme und Tilgung beantwortet werden. Und man kann daran sehen, dass auch radikale Maßnahmen möglich sind, wenn der politische Wille da ist.

Eine gewisse Symbolik konnte man der Anlage schon in den vergangenen Jahren beimessen. Das Clubdorf stand etwa seit Beginn des Jahrtausends leer, und das hängt zu einem guten Teil auch mit der Identitätskrise zusammen, die der Club Med seit Jahren durchmacht. Der Pionier des Pauschaltourismus, dessen Konzept von Houellebecq zum Paradigma einer vergnügungssüchtigen All-inclusive-Gesellschaft stilisiert wurde, sucht seit den Neunzigern nach einem neuen Profil. Im Zuge der verschiedenen Neupositionierungen und Restrukturierungen wurden Anfang des Jahrtausends viele Anlagen verkauft oder einfach dicht gemacht, darunter auch die in Cadaqués. Kurioserweise wird die Anlage auf der deutschen Website des Club Med noch beworben – „Ein Clubdorf in unvergleichlicher Lage, versteckt in einer unberührten Bucht des Mittelmeers, geeignet für Liebhaber von Tauchen und Kampfsport“ – allerdings mit dem Hinweis: „Dieses Clubdorf muss speziell bei Club Med angefragt werden, da es auf dem deutschen Markt nicht mehr angeboten wird.“

Für diejenigen, deren Katalanisch einigermassen sattelfest ist, gibt es bei YouTube einige Beiträge des Lokalsenders Canal Nord TV, zum Beispiel hier.

4 Antworten

  1. Avatar von Andreas Bouloubassi
    Andreas Bouloubassi

    Die paar Hütten ohne Strom und Wasserversorgung – es gab nur gemeinschaftliche sanitäre Anlagen – hatten nie etwas mit Massentourismus zu tun. Da hätten andere Bausünden es eher verdient, entfernt zu werden…

    1. Nun, Gemeinschaftsduschen gibt es selbstverständlich auch auf massentouristischen Einrichtungen, etwa auf den vielen Campingplätzen in der Nachbarschaft dieses Club Med. Und natürlich hat der Zeitgeist des Bespaßungshedonismus, für den der Club Med mal stand, eine ganze Reihe von Phänomenen des Pauschal- und Massentourismus beeinflusst.

      Aber darum ging’s nur am Rande. Der Club von Cadaques ist sicher nicht das scheußlichste Monument dieses Tourismus (ich kann ja nur die Bilder beurteilen, und da will ich gerne zugeben, dass die Häuschen sogar einen ganz gemütlichen Eindruck machen) – mir fallen auf Anhieb auch einige Dutzend Anlagen ein, in Italien und anderswo, deren Demontage ich noch lieber sehen würde. Ich fand einfach nur die (politische und touristische) Symbolik interessant, die diesem Akt der Zerstörung in den öffentlichen Verlautbarungen und der Medienberichterstattung beigemessen wurde. Der Text ist lediglich eine kleine Begleitnotiz dazu.

  2. Avatar von Markus

    ich war in den 90 ziger Jahren 2 mal im med in cadaques es war eine alternative zum campen. sensationelles Ambiente so etwas lässt man nicht sterben aber heute ist ja nur super stylischer Urlaub angesagt ich würde auch noch mit mittlerweile mit Mitte 40`hinfahren. War mit einer der schönsten Locations.

  3. Avatar von Axel Schultz
    Axel Schultz

    Schließ mich den Kommentaren von Markus und Andreas ganz an.
    Cadaques wurde damals gelobt, in dem der Künstler Salvador Cali Einfluss genommen hatte hier eben keine Bettenburg entstehen zu lassen. Die kleinen Hütten fügten sich in ihrer naturnahen Schlichtheit in einem kilometerlangen Gelände ein und waren wohl die sanftestes Form eines Massentourismus.
    Hier ein „Exempel“ zu statuieren mutet fast lächerlich an. Da gäbe es 100 Orte zwischen Barcelona und Marbella mit Ihren Hochhausburgen wo man wirklich Zeichen hätte setzen könne, aber sich nicht in Cadaques.

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