Tour de Schmidt


Tour de Schmidt

ein Fahrrad zu führen ist wunderbar!

100 Jahre alt wäre Arno Schmidt in diesem Jahr geworden. Warum dieses runde Datum nicht mit einer Radtour würdigen? Immerhin waren Schmidt und seine Frau Alice selbst passionierte Radfahrer, schon deshalb, weil man sich ein Auto gar nicht leisten konnte. Ein Tandem war das einzige Verkehrsmittel, dass das Ehepaar Schmidt je besaß, und wenn die beiden an ihren süddeutschen Wohnorten nicht wirklich heimisch wurden, dann auch deshalb, weil man da nicht gut „tandemisieren“ konnte. „Fahrräder : die schönsten Maschinen!“, läßt Schmidt den Erzähler seines Kurzromans Goethe und Einer seiner Bewunderer ausrufen, nur „Schreibmaschine & Aspirin; Glühbirne & Blausiegel“ sind ihm ähnlich wertvoll. Fahrräder tauchen in zahlreichen Erzählungen und Romanen Schmidts auf, vor allem natürlich in Schwarze Spiegel, wo das Rad nach der atomaren Apokalypse das einzige verbliebene Fortbewegungsmittel ist und schon zu Anfang der Geschichte mit einem hübschen Piktogramm eingeführt wird: -:-. Ein Piktogramm, das den mechanischen ebenso wie den erotischen Aspekt des Radelns anschaulich transportiert: „Ich erklärte ihm das dünnbeinige junge Mädchen überm Gestänge ; er sah die schwarzen knochigen Hosen ; verstand aber die Übersetzung“.

Das naheliegendste Terrain für eine Arno Schmidt gewidmete Radtour wäre natürlich die Lüneburger Heide, aber das Rheinland ist von uns aus wesentlich besser zu erreichen: Mit der Mittelrheinbahn kommt man bis Mainz und Bingen; das vereinfacht die Streckenplanung erheblich. Was unseren Ehrgeiz zusätzlich motiviert, ist die Entdeckung, dass zwei der ehemaligen Wohnorte Schmidts, nämlich Gau-Bickelheim und Darmstadt, sowohl in erradelbarer Distanz von der Bahnlinie liegen und zudem nur 50 km Luftlinie voneinander entfernt sind. Das müsste sich doch im Rahmen einer Tagestour schaffen lassen? Also flugs mit Hilfe des unverwüstlichen hessischen Radroutenplaners eine Route ausgetüftelt, die von Bingen über Gau-Bickelheim nach Darmstadt und von dort nach Mainz führt. Mit ein bisschen Feinjustierung kommt eine 120 km lange Strecke dabei heraus – ordentlich Holz, aber machbar, zumal das Terrain nicht allzu viele topographische Schwierigkeiten aufzuweisen scheint.

Nach Bingen mit der Bahn, entlang der Rheinstrecke, ganz wie Schmidts bei ihrem Umzug von Cordingen nach Gau-Bickelheim, und wie die Umsiedler im gleichnamigen Kurzroman. „O diese herrliche Landschaft“, schwärmte Alice Schmidt in ihrem Tagebuch und freute sich über die „gut & glatt gepflasterte“ Landstraße, die sie vom Zug aus sehen konnte: „Da werden wir also mit unserem Tandem in günstiger Jahreszeit drauf langmachen“. Die Ernüchterung kam freilich kurz hinter dem Bingener Bahnhof, als der Zug „raus aus der prächtigen Rheinlandschaft: rein auf eine große ebene Fläche“ zuckelte: „Lang & blank sahen wir uns alle an & enttäuschte Schatten legten sich auf unsere Gesichter.“

Gau-Bickelheim

Wir dagegen steigen in Bingen erst einmal aus und machen uns auf den Weg. Die ersten zehn Kilometer geht es entlang der Nahe, durch die enge Pforte, die das Flüsschen in die Berge hinter der Stadt gebohrt hat und dann in das flache Hinterland, das sich bis zu den rheinhessischen Hügeln erstreckt. Hinter den Bergen ist die Landschaft tatsächlich eher unspektakulär, aber der Radweg entlang der Nahe ist angenehm und nicht ohne Reiz, auch wenn sich der Fluss meist hinter Deichen versteckt hält. Im Örtchen Gensingen treffen wir wieder auf die Bahnlinie, die einen etwas weiteren Bogen um die Bingener Berge geschlagen hat, und fahren nun mehr oder weniger parallel zu ihr (und zur A61) bis nach Gau-Bickelheim. Dort stellen wir fest, dass wir den Ort von der Autobahn aus schon oft bemerkt haben. Von außen betrachtet hat er durchaus etwas Malerisches: Wie eine Kulissenstadt liegt das Örtchen zu Füßen des Wißberges, einer markanten Kalksteinkuppe („Wiesberg“ in den „Umsiedlern“), die sich von einem dichten Gitterwerk aus Weinreben überzogen aus der Landschaft erhebt. Von den Wölfen, die der Protagonist von Schwarze Spiegel hier angetroffen haben will, ist freilich nichts zu sehen, die haben sich über den Westerwald noch nicht hinausgewagt.

Aus der Nähe betrachtet, verliert sich der malerische Eindruck aber schnell, und Gau-Bickelheim ist – wie die meisten Ortschaften hier und überhaupt im Rheinland – ein etwas unaufgeräumtes Sammelsurium architektonischer Durchschnittlichkeit. Rund um den Dorfplatz – wo sich das Gasthaus Zum Römer befindet, das auch in den Umsiedlern vorkommt – hat man das Örtchen immerhin ganz nett herausgeputzt und einige der alten Häuser instandgesetzt.

Gau-Bickelheim, Rathaus

„Ja, ja in kleinen Nischen standen bunte Marien und Jesusse, Gips mit Ölfarben : drei Mark pro Kitsch, blieben angeblich manchmal in Feuersbrünsten unversehrt, bedauerlicherweise.“

Arno Schmidts Wohnung in Gau-Bickelheim

Das Haus, in dem Schmidts lebten, liegt etwas abseits in einem schmalen Gäßchen am nordöstlichen Ortsrand. Es ist ein absolut unauffälliges Gebäude, vermutlich wurde es vor nicht allzulanger Zeit mal saniert. Nichts am Haus erinnert an den prominenten Bewohner von einst. Auffällig dagegen, dass es im Ort nicht nur ein, sondern zwei Kriegerdenkmale gibt: Das auf dem Dorfplatz für die Gefallenen von 1870/71 wird ebenfalls in den Umsiedlern erwähnt, ein zweites für Gefallenen des Ortes steht gegenüber der katholischen Kirche. Am Ostrand des Ortes, an der B420 nach Wallertheim, liegt der jüdische Friedhof und erinnert daran, dass es in dieser Gegend auch in vielen kleinen Dörfern jüdische Gemeinden gab.

Nach dem kurzen Spaziergang durch Gau-Bickelheim fahren wir in Nachbardorf Wallertheim und wechseln dort auf einen regionalen Radwanderweg, die sogenannte Hiwwel-Route. „Hiwwel“ bedeutet im hiesigen Dialekt „Hügel“, und tatsächlich wird die Strecke von hier ab allmählich etwas anspruchsvoller. Man kann nachvollziehen, dass Schmidt hier nicht gerne tandemisierte: Das Gelände sei ihm zu wellig, berichtet Alice Schmidt in ihrem Tagebuch, „Rad ginge so schwer“, nörgelt er. Zwischen Rommersheim und Wörrstadt geht es für ein kurzes Stück sogar mal steil bergauf. Dafür ist die Landschaft hier sehr viel abwechslungsreicher: Es geht durch Weinberge und Obstgärten, unterwegs hat man einige schöne Ausblicke Richtung Hunsrück und Donnersberg im Westen, Odenwald, Taunus und Rheingau im Osten und Norden.

Ab Undenheim wird die Strecke wieder einfacher: Hier wechseln wir am Ortsende auf das sogenannte Valtinche, eine angenehme und steigungsarme Route entlang einer stillgelegten Bahnstrecke. Den kuriosen Namen erhielt die Route angeblich deshalb, weil ein Fuhrunternehmer namens Valtin in den Zügen seine Milchkannen transportieren ließ. Am Endpunkt in Nierstein verkündet ein Gedenkstein stolz, dass immerhin auch Konrad Adenauer schon auf dieser Strecke unterwegs war.

Valtinche

In Nierstein haben wir wieder den Rhein erreicht und setzen mit der Fähre über nach Kornsand in Hessen. Ganz in der Nähe der Stelle übrigens, wo die Preußen 1794 auf ihrem Rückzug von Valmy den Rhein überquerten, woraus Schmidt eine Szene („Rheinübergang bei Oppenheim“) in seiner historischen Revue Massenbach machte. Der moderne Fährübergang liegt ein paar Meter flußabwärts von der Stelle, wo die Preußen über den Rhein gingen (etwa dort, wo in Oppenheim heute noch die Fährstraße zum Rhein führt).

Kornsand besteht nur aus einer Handvoll Häuser und einem Biergarten, in dem zahlreiche Motorradfahrer ihren eigenen Rheinübergang begießen. Der Name der Siedlung ist mit einem besonders tragischen Vorfall verknüpft, dem sogenannten „Kornsandverbrechen“: Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges – an eben dem Tag, als auf der linken Rheinseite schon amerikanische Truppen in Nierstein einzogen – wurden hier sechs vermeintliche Widerstandskämpfer erschossen. Ein Gedenkstein auf dem Rheindeich, etwas nördlich der Siedlung, erinnert daran. Ein voluminöserer Gedenkstein steht auf dem südlichen Rheindeich, erinnert aber an ein deutlich banaleres Ereignis, nämlich eine Notlandung des Grafen Zeppelin auf dem Rhein.

Funkmessstelle Deutsche Netzagentur

Wir fahren auf dem Deich in südöstlicher Richtung weiter. Der Rhein schimmert nur gelegentlich durch Bäume und Buschwerk, und bald müssen wir ihn ganz zurücklassen: An einer auffälligen Funkmessstelle der Bundesnetzagentur, die hier nach Piratensendern horcht, wenden wir uns ostwärts Richtung Darmstadt. Die Landschaft wird wieder eintöniger, flach und weitläufig: Wir fahren vorbei an Kanälen und zwei ehemaligen Kiesgruben, die heute eine hübsche Seelandschaft bilden, ohne Pocahontas zwar, aber dafür mit Bademöglichkeit (im nördlicheren der beiden Seen).

Ein bißchen Erfrischung tut auch gut, denn ab Leeheim wird die Strecke ein bißchen langweilig: Es geht bis zum Luisenplatz in Darmstadt fast nur noch schnurgeradeaus, fünfzehn lange Kilometer, abgesehen von einigen Verschwenkungen, die durch kreuzende Autobahnen oder Bahnstrecken bedingt werden und durch das Örtchen Wolfskehlen. Der Name des Ortes erinnert an die berühmte Darmstädter Familie Wolfskehl, aus der auch der Dichter Karl Wolfskehl stammte, aber ein anderer literarischer Bezug ist hier buchstäblich naheliegender: Wolfskehlen bildet mit ein paar umliegenden Orten die Gemeinde Riedstadt, zu der auch Goddelau gehört, der Geburtsort Georg Büchners. Das Büchnerhaus befindet sich nur ein paar Kilometer südlich unserer Route.

Wir bleiben aber auf dem Radweg, der sich schier endlos an der B9 entlang zieht. Glücklicherweise hat man den Wind hier meist im Rücken, und so erreichen wir bald Griesheim – ein Ort, der nur als Kulisse der Bundesstraße angelegt zu sein scheint – und dann die westlichen Außenbezirke von Darmstadt. Im Stadtverkehr geht es leider nicht mehr so flüssig voran. Wir umrunden das Stadtzentrum und fahren erst einmal zur Viktoriaschule. Es ist ein Wochentag, das Gebäude offen und so schleichen wir, heimlichtuerisch wie zu spät kommende Schüler, durch das Treppenhaus, um die Fresken von Eberhard Schlotter anzuschauen. Nur das leise Echo dozierender Lehrer ist in den menschenleeren Gängen zu hören, aber das reicht schon, um die Atmosphäre schulischer Eintönigkeit und Langeweile heraufzubeschwören.

Eberhard Schlotter, Viktoriaschule, Darmstadt

Schnell raus hier, bevor es noch einen Eintrag ins Klassenbuch gibt, und über die Herdstraße zum Alten Friedhof, letzte Ruhestätte einiger prominenter Darmstädter, zum Beispiel der Geschwister von Georg Büchner, Ludwig und Luise, sowie einiger Persönlichkeiten, mit denen Schmidt in seiner Darmstädter Zeit zu tun hatte, wie Ernst Kreuder, Kasimir Edschmid oder Heinz Winfried Sabais, seinerzeit Kulturreferent und später Oberbürgermeister der Stadt. Vom Alten Friedhof ist es nicht mehr weit zur Inselstraße 42, wo Schmidts in Darmstadt wohnten. Die Adresse befindet sich in einem durchaus interessanten Gebäude: Teil eines gründerzeitlichen Wohnblocks mit repräsentativem Türmchen, direkt an der Ecke zur belebten Heinrichstraße und gegenüber der Litfaßsäule, die im Kurzroman Tina oder die Unsterblichkeit als Fahrstuhl zur Unterwelt dient.

„Da haben Sie das Memento ja ständig vor Augen“ meinte er, als ich wieder aus der Haustür zu ihm trat. Wieso ? : er zeigte mit dem Kinn auf die Litfaßsäule an der Straßenkreuzung, in der eine Zeitungsverkäuferin ihren Stand hatte. (Wir hatten uns schon mehrfach angeblinkt; ich aus meinem Fenster oben, sie aus dem Schalter unten, mit Gesichtsscheiben : kurz; lang : kurz; lang : lang ! Sie hatte noch offen.

Tina in der Inselstraße

Tina ist auch tatsächlich anwesend: Studenten des Fachbereichs Gestaltung der Hochschule Darmstadt gestalten während des Jubiläumsjahres die Säule in regelmäßigen Abständen mit Motiven aus dem Werk Arno Schmidts. Zur Zeit haben sie sich für eine Art Wimmelbild entschieden, das Tina inmitten eines seltsamen Kuriositätenkabinetts platziert. Das haben sich die Jugendlichen selbst aufgebaut. „Aber hübsch.“ (Alice Schmidt).

Gedenktafel Arno Schmidt

Anders als in Gau-Bickelheim gibt es hier an Schmidts ehemaliger Wohnung eine Erinnerungstafel, aber irgendjemand hat Schmidts Namen darauf unleserlich gemacht. Ein beleidigter Darmstädter vielleicht, denken wir zunächst, aber dann fällt uns ein, dass es an diesem Ort natürlich auch ein Sympathisant sein könnte, der Tina gelesen hat und Schmidt nun durch Tilgung des Namens dem erlösenden Nirwana ein wenig näher bringen möchte.

Heinrichstraße, Darmstadt

Kein Erinnerungsschild gibt es übrigens auf der anderen Seite der Heinrichstraße, wo damals ein recht prominenter Kollege wohnte (was Schmidts auch bald nach ihrem Einzug auf dem Klingelschildchen nachkontrollierten): Frank Thiess, Vizepräsident der Darmstädter Akademie und Erfinder des Begriffs der „inneren Emigration“, der Thomas Mann und die Schriftsteller des Exils als Drückeberger und Feiglinge beschimpft hatte.

Auch ich bin oft gefragt worden, warum ich nicht emigriert sei, und konnte immer nur dasselbe antworten: Falls es mir gelänge, diese schauerliche Epoche, (über deren Dauer wir uns freilich alle getäuscht hätten) lebendig zu überstehen, würde ich dadurch derart viel für meine geistige Entwicklung gewonnen haben, dass ich reicher an Wissen und Erleben daraus hervorginge, als wenn ich aus den Logen und Parterreplätzen des Auslands der deutschen Tragödie zuschaute.

Ein bemerkenswerter Text, in dem das Los der Exilanten als Freizeitveranstaltung diffamiert und das Dritte Reich zu einem Selbsterfahrungs- und Survival-Trip umgedeutet wird. Schmidt erwähnt Thies beiläufig in „Goethe“, wo er ihm zugesteht, das Thema Inzest in seinem Roman Die Verdammten besser zu behandelt zu haben als der große Meister. Aber das könnte auch eine als Kompliment getarnte Spitze sein, schließlich sah sich Thiess ausdrücklich als Epigonen des „geistigen Führers“ Goethe. Ansonsten war Schmidt die prominente Nachbarschaft scheinbar eher unheimlich: Gegenüber Helmut Heißenbüttel behauptete er mal, dass er sich ungern auf dem Balkon aufhalte, weil er sich von Thiess beobachtet fühle. (Zufälligerweise lasen Schmidts vor dem Umzug nach Darmstadt einen Roman von Thiess, den Weg zu Isabelle, ohne Begeisterung allerdings: „Also so’n Mist“, schrieb Alice ins Tagebuch.)

Inselstraße 20, Darmstadt

Wir lassen Tina mit ihrem Gewimmel zurück, werfen einen kurzen Seitenblick auf die Kronen-Apotheke um die Ecke („neben mir der bekannte Mann im grünen Lodenmantel; auch er verlangte Cyclopal und musterte mich scharf“) und einen auf das Haus Inselstraße 20, das in einem ganz anderen erzählerischen Universum zu Prominenz kam: In der Fernsehserie Diese Drombuschs wohnte hier Chris Drombusch mit seiner Freundin Tina (!). Links herum um den Großen Woog, mit Blick auf die Mathildenhöhe, wo die Akademie ihren Sitz hat, und Residenz, Archiv und Theater in den Herrengarten, wo Goethe in Gestalt eines nackten Jünglings gedacht wird. (Der Jüngling ist aber zur Zeit abwesend.)

Nauheim

Über Pallaswiesenstraße und Gräfenhauser Straße geht es durch schier endlose Gewerbegebiete aus der Stadt hinaus. Ein unansehnlicher Abschnitt, und fast möchte man Schmidt beipflichten, der an Heißenbüttel schrieb, er sei „lieber tot in der Heide als lebendig in Darmstadt“. Weiter entlang der Bahnlinie nach Mainz, vorbei an Äckern und Feldern, durch biedere Ortschaften, die allesamt wie Vororte wirken. Nordöstlich von Nauheim fährt man dann plötzlich doch noch durch ein ausgedehntes Waldgebiet, das den Wäldern der Heide nicht unähnlich ist und Schmidt, wäre er hier durchgeradelt, vielleicht sogar gefallen hätte. Mittendrin liegt die alte Opel-Rennbahn bzw. das, was davon übrig geblieben ist. Nicht viel, aber die Piste lässt sich noch gut erkennen, auch wenn sie an vielen Stellen bereits von Bäumen durchbrochen ist und aussieht wie eine Landstraße nach einer atomaren Apokalypse. Im Norden der Piste hat man ein kleines Stück freigerodet und eine Aussichtsplattform mit einer Informationstafel aufgestellt. Dahinter der „Wüste Forst“, ein fast urwaldähnliches Naturschutzgebiet, das so urtümlich gar nicht ist, sondern sich auf dem Areal einer ehemaligen Kiesgrube befindet.

Opel-Werk Rüsselsheim

Weiter geht es durch die ehemaligen Mainzer Stadtteile Bischofsheim und Gustavsburg, die nach dem Krieg Hessen zugeschlagen wurden, aber pfälzischen Irredentisten und der Deutschen Bahn heute noch als Teil von Mainz gelten. Über die Eisenbahnbrücke an der Mainspitze erreichen wir wieder den Rhein, und die Stadt macht von hier aus tatsächlich ein ganz ansehnliches Panorama. Am Gitter, das den Radweg von den Bahngleisen trennt, hängen Liebesschlösser, allerdings in deutlich bescheidenerer Anzahl als an der Kölner Hohenzollernbrücke.

Für uns ist in Mainz das Ziel erreicht, anders als für Schmidt, der hier seinen ersten bedeutenden Literaturpreis ausgehändigt kam und die Idee, dass es was werden könnte mit der schriftstellerischen Laufbah n. Die Akademie der Wissenschaften, wo ihm der Preis übergeben wurde, liegt uns für heute aber doch zu weit ab von der Route: Wir fahren lieber in die Altstadt zum Geburtshaus von Katharina Titz, Tinas Vorbild, und beschließen die Tour dort im Weinlokal: „Na, ne kleine Rundfahrt tut den Beinen gut.“

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