Es lohnt sich doch, nachmittags fernzusehen: Auf TV5 läuft zur Zeit eine Serie, die zum besten gehört, was ich an politischer Satire gesehen habe. Bunker, le cirque ist eine franko-kanadische Produktion, lief vor ein paar Jahren auf Radio Canada und sorgte für einigen Wirbel im politischen und journalistischen Establishment des Landes: Wenn man politische Entscheidungsprozesse dermaßen zynisch darstelle, dürfe man sich nicht wundern, wenn die Öffentlichkeit von Politik nichts mehr wissen wolle, hieß es – der Standardvorwurf des Defätismus eben, der immer gebracht wird, wenn Satire wirklich mal zubeißt.
Richtig ist, dass es Bunker kaum einen sympathischen Charakter gibt, sieht man mal vom jungen und enthusiastischen PR-Mann Martin Prescott ab – ausgerechnet den Pressesprecher als einzig integre Person erscheinen zu lassen, ist nur eine der raffinierten Finten des Drehbuchs. Ansonsten findet man in dieser Farce über die Fabrikation eines Premierministers (der erschreckende Ähnlichkeit mit Horst Köhler hat) nur Intriganten, Mitläufer und politische Speichellecker, mit dem Finanzier Laurendeau als wahrhaft macchiavellistischem Dämon im Mittelpunkt.
Das allein wäre nun aber nur eine aktualisierte Version von klassischen Satiren wie Yes Minister (wie zum Beispiel die aktuell in England laufende, empfehlenswerte Serie Absolute Power). Das wirlich Beeindruckende ist der visuelle Ideenreichtum, mit dem Regisseur Pierre Houle und Drehbuchautor Luc Dionne die Geschichte erzählen und die mehr mit der surrealen Atmosphäre vieler kanadischer Kinofilme zu tun hat als mit klassischen Fernsehserien. Den Titel hat die Serie einmal vom monströsen Gebäude, in dem die politischen Intrigen gesponnen werden, andererseits vom zirkusreifen Ensemble, das sich darin aufhält. Da laufen Gerüchte tatsächlich in Person durch die Gänge, bei Konferenzen sitzen die Teilnehmer mit Schafsköpfen um den Tisch und wenn der Premierminister, in selbstgefällige Gedanken versunken, aus der Dusche steigt, tut er das vor einer römischen Kulisse, inklusive eines vorbeiziehenden Löwen und mit einem Handtuch über der Schulter, das wie eine Toga aussieht. Der finstre Laurendeau lebt mit seinen Kreaturen in einer Art Kathedrale – schließlich ist „die Börse der neue Tempel“, meint Dionne.
„Wir wollten eine Serie im Geist Fellinis machen“, sagt Houle. „In Nordamerika gilt Fellini als Autor von extravaganten Halluzinationen, aber in Wirklichkeit sind seine Filme sehr viruelnte Kritiken der sozialen Realität in Italien.“ Ich weiß wenig über die soziale oder politische Realität in Kanada, aber Bunker trifft auch ganz gut die Zustände diesseits des Atlantik. Und wer sein Französisch noch einigermaßen parat hat, dem kann ich nur raten, sich die letzten Folgen (immer donnerstags, ca. 14.25) anzuschauen. (Es gibt netterweise auch Untertitel, in französisch zwar, aber so kann man immerhin mitlesen.)
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