Mercedes-Benz macht jetzt auch in Literatur-Förderung und will in regelmäßigen Abständen kostenlose MP3s mit Nachwuchs-Autoren anbieten. Text Tracks nennt sich die Veranstaltung, die erste Sammlung ist gerade erschienen und, naja, wie das so ist mit dem Nachwuchs, der wird auch immer älter: Die hier versammelten Autoren sind alle so thirty- und fourtysomethings, aber das deckt sich auch besser mit der Zielgruppe, nehm ich mal an.
Und die darf beim Wort „Literatur“ natürlich nicht genauso ins Schleudern geraten wie die A-Klasse, wenn ein Elch die Fahrbahn kreuzt, also muß man das ganze auch mit den gleichen Worten anpreisen, mit denen die Bäckerblume über André Rieu schreiben könnte: „Geschichten zum Hören, Träumen und Mitfiebern“, und so.
Damit Sie keine Angst haben müssen, das „literarische Neuland“ könnte mehr Aufregung bieten als die Rush-Hour in einer beliebigen deutschen Mittelstadt, versichert Mercedes, es handele sich um „bewegende Unterhaltung für mobile Menschen“ und reinen „Literaturgenuss am Ort ihrer Wahl – nicht nur im Mercedes Benz“. Also keine Sorge, da schabt schon kein avantgardistisches Experiment an Ihren Hörgewohnheiten, während Sie sich grade in die Parklücke drängeln. Es geht eh nur um Literatur als Hintergrundrauschen für die shoppende Mittdreißigerin, und darum sind die Texte vorsichtshalber mit der anämischen Leidenschaftslosigkeit „eingelesen“, mit der auch das Navigationssystem zu Ihnen spricht. („Einlesen“, verstehen Sie, ist etwas ganz anderes als „Vorlesen“, da werden die Texte quasi vakuumversiegelt und von allen schädlichen Nebenwirkungen befreit.)
Laut Website soll das Projekt eine Art offene Plattform sein, das heißt, auch bisher unveröffentlichte Autoren können Texte einreichen und darauf hoffen, für Mercedes eingelesen zu werden. Mehr als den Ruhm und die Ehre, dem Konzern ein bißchen literarisches Renomée zu verschaffen, gibt’s aber nicht. Bert Brecht war da ja schlauer: Der hat sich für ein Lied, dass er dem Autohersteller Steyr geschrieben hat, einen sportlichen Zweisitzer schenken lassen, immerhin. Dem entsetzten Canetti, dem das wie ein Ausverkauf vorkam, antwortete eine Brecht-Freundin mit den unschlagbaren Worten:
Er schmeichelt seinem Auto jetzt auch, er spricht von ihm wie von einer Geliebten. Warum soll er ihm nicht vorher schmeicheln, um es zu bekommen?
Via Glück auf!
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