Die Veranstalter drei großen Rad-Landesrundfahrten Giro, Tour und Vuelta steigen aus der ProTour aus. Das kommt, nach den verbalen Ellbogenchecks der letzten Wochen und Monate, zwar nicht mehr überraschend, aber starker Tobak ist es trotzdem. Denn die Veranstalter Gazzetta dello Sport (Giro), ASO (Tour) und Unipublic (Vuelta) wollen nicht nur die drei Grand Tours aus der Rennserie zurückziehen, sondern elf acht weitere Klassiker, die ebenfalls von ihnen durchgeführt werden.
Mehr noch: Die Veranstalter wollen sich damit auch nicht mehr an die Absprache halten, derzufolge für die jeweiligen Rennen die 20 Teams startberechtigt sind, die von der UCI in die ProTour-Kategorie eingestuft wurden, plus maximal zwei Wild-Card-Teams aus unteren Kategorien. 2006 soll das zwar noch gelten, aber 2007 will man dann ein eigenes Ranking-System einführen, dessen Kriterien noch ausgetüftelt werden. Fest steht bisher , dass die 14 besten Teams aus diesem Ranking plus bis zu acht Wild Cards an den Rennen teilnehmen dürfen. Klar: Statt sich von der UCI vorschreiben zu lassen, welche Teams (und damit welche Sponsoren) eingeladen werden, bestimmt man das lieber selbst, und mit der größeren Zahl von Wild-Cards ist der Verhandlungsspielraum größer. De facto bedeutet das die Etablierung einer alternativen Rennserie, und das bringt Teams und andere Veranstalter ganz schön in die Zwickmühle.
Um zu verstehen, welche Konsequenzen das haben könnte, muß man sich vorstellen, die Champions League würde sich selbständig machen und ein eigenes System aufstellen, nach dem das Teilnehmerfeld zusammengestellt wird. Über kurz oder lang könnte da im Radsport eine ähnliche Situation entstehen wie etwa im Boxen, mit konkurrierenden Rankings, Wettbewerben und Titeln.
Das Vorhaben der UCI, andere Rennveranstaltungen zu stärken (und damit auch die eigene Position gegenüber den Veranstaltern der großen Tours) ist gründlich vor die Wand geradelt. Das war schon vorher mit dem Weltcup nicht wirklich gelungen.
Der Aufbau einer attraktiven Rennserie wäre eigentlich keine schlechte Idee, denn es ist immer ungünstig, wenn ein oder zwei Veranstaltungen eine dermaßen herausragende Stellung bekommen, dass der Schatten, den sie werfen, alles andere verkümmern lassen. Die Dominanz der Tour müßte mittlerweile eigentlich auch den Veranstaltern selbst unheimlich werden: Denn es ist zwar schön, wenn man fast das gesamte Medieninteresse auf sich ziehen kann. Aber was nutzt die ganze Dominanz, wenn auf lange Sicht der Unterbau aus kleineren, wirtschaftlich gesunden Rennveranstaltungen wegbricht, der Teams und Fahrern das Überleben garantiert und den Nachwuchs heranführt?
Der Hick-Hack zwischen den beiden Seiten ist auch deswegen so ärgerlich, weil es so offensichtlich ist, dass es hier nicht um den Radsport an sich geht, sondern lediglich darum, wer sich die größten Torstenstücke rausschneiden darf.
Die UCI trägt aber auch einen guten Teil eigene Schuld an der verfahrenen Situation, vor allem der ehemalige Präsident Hein Verbruggen, der gerne mit der diplomatischen Feinfühligkeit eines Elefanten im Haushaltswarenladen vorging. Erst kürzlich pöbelte er aus dem Ruhestand, wenn die Tour nicht so spure, wie die UCI das wolle, dann werde sie eben zum Junioren-Rennen degradiert: Dass er da mit Knüppeln aus Pappmaché wedelt, müßte er eigentlich selbst wissen.
Via Cyclingnews. Kleiner Nachtrag: Es sind natürlich insgesamt elf Rennen (und nicht die drei Grand Tours plus elf weitere, wie ich in der Hektik geschrieben habe). Siehe auch die Liste hier.
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