Gone but not forever


Der Ex-Telekom-Profi Rolf Aldag hat Sport1 ein Interview gegeben, und auch die Süddeutsche Zeitung hat es gebracht. Das Link dazu findet sich momentan sogar immer noch auf der Startseite der SZ, verweist aber auf eine leere Seite. Keine Fehlermeldung, kein Hinweis, nichts: Nur eine Leerstelle da, wo eigentlich der Text sein sollte. Bei Sport1 findet sich immerhin noch ein lakonischer Kurzhinweis:

Sport1.de zieht das am 19. 7. 2006 gegen 10.30 Uhr veröffentlichte Interview mit Rolf Aldag aufgrund von Missverständnissen zurück.
Einige Aussagen von Herrn Aldag wurden so nicht getroffen.

Man würde ja schon gerne wissen, welche Aussagen von Herrn Aldag so nicht getroffen wurden, und warum deshalb die Aussagen, die so von ihm getroffen wurden, auch nicht erscheinen. Aldag macht ja nach außen eher den Eindruck von jemandem, der durchaus Tacheles reden kann, wenn er will, so dass die Aufforderung, den Text verschwinden zu lassen, sich möglicherweise äußerer Einflußnahme verdankt. Das Dumme ist nur: Man kann heute im Internet nichts mehr so ohne weiteres verschwinden lassen und so tun, als wäre nichts gewesen. Auszüge aus dem Interview findetn sich noch hier und da. Und auch das ganze Interview kann man noch problemlos aufspüren, nämlich in einem Blog, der – honni soit – heute erst eingerichtet wurde und auch völlig anonym, und mich würde es nicht wundern, wenn das Interview der einzige Text bleibt, der da drin steht. (Auch so ein Phänomen: Opogs, one-purpose-only blogs).

Nun hat natürlich jedermann das Recht, seine Aussagen zu korrigieren, aber wenn man den Text liest, hat man schon das Gefühl, dass Aldag genau gewusst hat, wovon er redet, sehr viele mißverständliche und doppeldeutige Formulierungen kommen auch nicht vor, und selbst da, wo er spekuliert – über Pevenages Rolle beispielsweise – wird man nicht umhin können, ihm Hand und Fuß zu zu gestehen.

Die Mainstream-Medien machen derzeit ja einige Spagatübungen, um einerseits die Berichterstattung über das Tour-Spektakel noch am Laufen zu halten, und sich andererseits in die Pose des investigativen Aufklärers zu werfen. Gestern bei der ARD konnte man die Verrenkungen aufs Detaillierteste beobachten: Der vor kurzem noch in Mißkredit geratene Hajo Seppelt darf anfangs einen Blick hinter die Kulissen des spanischen Netzwerkes werfen, bevor dann ein Herbert Watterott wieder mit der Frontberichterstattung im Stil der Fünfziger Jahre kommt, in der es von „ganz sympathischen Typen“ nur so wimmelt und die vergleichsweise spärlichen Zuschauergrüppchen zu entbehrungsreichen Pilgermassen hochgejubelt werden.

So j’accuselt man ein bißchen mit dem Zeigefinger und wurschtelt sich ansonsten so durch. „Mir tun auch die vielen Fernsehleute von ARD und ZDF mit ihren 150 Menschen leid, die ihre Storys jetzt nicht haben“, sagt Phonak-Sponsor Andy Rihs in einem Interview, dass die Süddeutsche dankenswerterweise nicht entfernt hat. Mir müssen sie nicht leid tun, aber man muss Rihs ja schon fast dankbar sein, dass er einige Dinge mal deutlich ausspricht, die von den fingerzeigenden Apologeten des guten, schönen, wahren Sports geflissentlich übergangen werden: „Generell denke ich, dass wir es halt akzeptieren müssen, dass der mit dem Fernsehen und diesen riesigen Geldern verbundene Profisport vor allem Zirkus und Entertainment ist.“

Zur Abwechslung können wir ja auch mal ein bißchen über Golf reden.

(Nachtrag: So in etwa zum Thema dieser Eintrag hier im Blog der Frankfurter Rundschau, und da vor allem auch die Zitate hier und hier:

Profitsport kann ebenso wenig betrugs- und manipulationsfreie Zone sein wie die Wirtschaft, zu der er gehört. Solange es keine Ethik in der globalisierten Wirtschaft gibt, wird es auch den Betrug im Sport geben.

Solange es keine Dopingtests auf den Vorstandsetagen durchgeführt werden, kommt das Thema nicht zu den Akten.)

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