Spex war einer der Gründe, warum ich nach Köln gegangen bin. Vielleicht sogar der wichtigste, immerhin war das damals die Zeit, wo man die wesentlichen Maßstäbe aus den musikalischen und ästhetischen Vorlieben entwickelte, und da war Spex ganz klar die Bibel und inszenierte sich auch so. Außerdem war darin das Versprechen enthalten, dass man etwas Besseres als Berlin oder München überall finden kann. Man kann es ja heute, aus dem Blick zurück, fast gar nicht mehr glauben, das es in Köln damals wirklich echte Dynamik gab, die weniger mit der Stadt an sich zu tun hatte, sondern damit, dass es hier ein paar Freiräume gab, die man noch besetzen konnt, buchstäblich und metaphorisch: Wide open spaces, post-Herstatt-Bankrott, prä-Medienhype.
Es hat in der Vergangenheit ein gutes Stück der Seele von Spex ausgemacht, diese explizit Kölner Stimme zu haben. Man hat das Heft sehr mit Köln verbunden.
Sagt Uwe Viehmann, und das war eine echte Wechselbeziehung, denn es hat auch ein Stück der Seele von Köln ausgemacht, dass es hier solche Sachen wie Spex gab. Das ist lange her, mittlerweile ist vom Hype und dem überall angedockten Glamour wenig mehr geblieben als der Titel einer Comedy-Hauptstadt. Jetzt geht auch Spex nach Berlin.
Eigentlich könnte mir das egal sein, richtig gelesen habe ich die Zeitschrift seit Mitte der Neunziger nicht mehr, aber man soll den Helden der Vergangenheit wenigstens immer ein paar Kerzen bereithalten. Meine Musik zur Zeit kam in Spex nur noch am Rande vor. Aber sie kam immerhin vor, im Unterschied zu den anderen Musikmagazinchen, die konsequent an ihrer eigene Überflüssigkeit weiterschreiben. Und die Sturheit, mit der die Redaktion an Köln festgehalten hat, war mir immer sympathisch, weil das auch das Zeichen war, dass nicht jeder den langen Marsch nach Mitte mitmachen muss.
Max Dax, der neue Chefredakteur, will jetzt mehr Kontinuität als Bruch bieten und an die alten Zeiten der Diederichsens, Drechslers und Scheurings anknüpfen. Das wird mich nicht wirklich interessieren, weil es auch für ein komplettes Mißverständnis dessen steht, was die Zeitschrift wirklich ausgemacht hat, nämlich das Feiern des Diskontinuierlichen und der Brüche in der Popkultur und in den Biographien, die davon ausgehen. „Alle Beteiligten haben Spex immer wieder aufgebaut und immer wieder kaputtgemacht; genau das war der Witz daran“, schreibt Dietmar Dath. Macht kaputt, was Euch Spass macht: Das ist der Kern jeder populären Kultur, und die wesentlich aufregendere Haltung als Dax‘ larmoyante Beteuerung, ihm sei die Vorstellung schrecklich gewesen, „die Zeitschrift wäre wegen zu hoher Overhead-Kosten beerdigt worden“. So spricht ein Brand Manager, aber nicht jemand, der sich richtig einmischen will.
Für mich ist das ein guter Zeitpunkt, die Spex endgültig ad acta zu legen. Das ist schade, aber auch nicht besonders schlimm.
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