Auf Google Maps sieht der Appenin braun und verbrannt aus wie ein Wüstengebiet. Tatsächlich ist er zur Zeit noch sehr grün, mit gelben Ginsterflecken hier und da, wobei an einem wolkenverhangenen Tag wie heute die Farben eher ausgewaschen wirken. Es ist schwül und heiß und eigentlich ein Unfug, ausgerechnet heute, bei diesem drückenden Wetter, ein paar hundert Höhenmeter auf dem Mountain-Bike fressen zu wollen.
Aber die Gegend hier ist zu verführerisch. Das Schöne am Appennin: Lange nicht so überlaufen wie die Strecken am Gardasee und in den Alpen, viel Platz und grandiose Routen. Die Strecke über die Strada del Duca habe ich hier schon mal erwähnt, das ist eines der ganz großen Highlights. Aber auch oberhalb von Cutigliano gibt’s einiges zu entdecken, zum allerdings sollte man erst mal die richtigen Erkundigungen einziehen. Dazu gleich.
Wir starten nicht in Cutigliano, sondern weiter unten im Tal in La Lima, wo man gut parken kann. Dann erst mal ein kurzes Stück die SS 12 Richtung Abetone, bis zur Brücke nach Lizzano. Von hier ab geht’s bergauf, und das ordentlich: Das schmale Teersträßchen nimmt einige heftige Rampen nach oben. In einem Feld steht ein Hochzeitsfotograf und versucht, ein junges Glück vor ein paar Strohballen stilecht in Szene zu setzen. In Lizzano geht es weiter nach Vizzaneta, vorbei an einem bizarren Marmormausoleum, das den kleinen Dorffriedhof dominiert. In Vizzaneta fährt man ganz durch den Weiler hindurch, bis an einem Abzweig der Agriturismo „Andia Paradiso“ ausgeschildert ist. Die Straße windet sich weiter bergauf und wird bald zu einer Schotterpiste. Es kommen einige Wegweiser, die uns auf die Strecke „SR 1 Doganaccia“ führen. Bis zu einer Kreuzung, an der mehrere Punkte ausgeschildert sind, nur ausgerechnet nicht mehr Doganaccia.
Und da merkt man dann, wie wichtig es ist, sich vorab zu informieren. Das gesamte Areal hangaufwärts bis in die Appennin-Gipfel ist hier auf einmal als Privatgelände ausgewiesen. Der einzige richtige Weg geht ist mit einem Schlagbaum abgesperrt, und daran hängt ein Schild, das darauf hinweist, dass das Befahren mit egal welchem Fahrzeug (ausdrücklich auch Mountainbikes) ohne Genehmigung untersagt ist. Danke für den Hinweis. Hätte man das nicht auch ein paar Höhenmeter weiter unten schon mal sagen können? Man kann nun Glück haben und hinter dem Schlagbaum ein paar Forstarbeiter sehen. Ein kurzer Schnack, und einer der Herren stellt sich als leitender Mitarbeiter des Anwesens heraus, der einem nach überzeugend vorgetragenen Argumenten („Ich kann doch jetzt nicht alles wieder zurückfahren!“) freundlich zunickt und ausführlich die weitere Route auf der doch nicht mehr verbotenen Route erklärt. (Ein paar Minuten später kommt er sogar extra mit dem Jeep hinterhergefahren, weil ihm ein kleiner Fehler unterlaufen war – völlig unerheblich, weil von hier an wieder alles ausgeschildert ist.)
Aber was macht man, wenn da keine Arbeiter stehen? Gut, wenn ich’s vorher gewusst hätte, dann hätte ich im Agriturismo anrufen können. Ob man dort in der Verwaltung so kooperativ ist wie auf offener Strecke, weiß ich natürlich nicht. Zwei Strecken sind an der genannten Kreuzung ausgeschildert und nicht mit Verbotsschildern bewehrt. Einer führt ein Stückchen hangaufärts zum Agriturismo, vielleicht kann man da auch direkt nachfragen. (Dort gibt es außerdem einen kleinen Laden mit lokalen Produkten.)
Die einzige andere Alternative (außer zurückfahren natürlich) ist die dritte Piste, die von hier weitergeht in Richtung Spignana. Von dort könnte man wenigstens nach San Marcello Pistoiese und Mammiano wieder nach La Lima zurück …
Hat man den Schlagbaum erst mal überwunden, wird es einfacher – wenigstens was die Orientierung angeht. Einfach den Wegweisern nach Doganaccia folgen. Nur einmal hat man die Qual der Wahl, wenn man auf etwa 1300 m Höhe an einen Wegweiser kommt, der zwei Routen nach Doganaccia anbietet. Die eine (links weiterführende) hält in etwa die Höhe, die andere windet sich noch ca. 200 Höhenmeter näher hinauf, um dem Passo della Croce Arcana nahezukommen. Was nicht einfacher wird, ist das Fahren selbst. Der Streckenbelag wird hier deutlich rauher, an einigen Stellen rumpelt man ganz ordentlich über die Piste. Angesichts des schwülen Wetters nehmen wir den unteren Weg, der führt auch ein bißchen durch den Wald, und die Abkühlung können wir gut gebrauchen.
Im Wald passiert man auch mal einen interessanten Downhill-Trail … leider nicht ausprobiert. Irgendwann erreicht man nämlich kurz unterhalb von Doganaccia wieder eine kleine Asphaltstrecke, und von da beginnt eine herrliche Abfahrt, eine der schönsten hier, vom hier und da etwas ruppigen Belag mal abgesehen, auf der man wunderbar talwärts schwingen kann. Zwischenstopp in Cutigliano für den obligatorischen Caffè, und dann weiter bergab nach La Lima. Die verdiente Pasta gibt’s dann hier.
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