Heute vormittag lief Control im Rahmen der Cologne Conference, Anton Corbijns Film über Leben und Tod von Ian Curtis. Und ich kann nur sagen: Anschauen. Ich war, muss ich sagen, sehr positiv überrascht: Für Corbijns Fotos kann ich mich nicht immer begeistern. Ich mag ihn da, wo er einer Situation mit Nüchternheit und Lakonie transportiert, aber das schwerfällige Pathos seiner U2- und Depeche-Mode-Bilder ist nicht so meins. Und das Video zu Joy Divisions „Atmosphere“ ist einfach gräßlich. Control ist aber ein sehr angenehmer Film gewordenen und gehört glücklicherweise zu Corbijn lakonischeren Arbeiten. Seine Schwarz-Weiß-Töne lassen ihn wesentlich älter erscheinen als die Zeit, über die er erzählt, aber das transportiert ganz angemessen die Stasis einer Ära, die irgendwo zwischen politischer Paranoia und selbstgefälliger Langeweile durchhing.
Eine fast altmodische, aber sehr souveräne und unaufgeregte Filmbiographie, die überraschend ruhig im Ton daherkommt. Sentimentalität und Nostalgie haben ihren Platz, aber sind in genau abgemessenen Dosen gestreut und hier und da erlaubt sich Corbijn auch einen düsteren, sehr nordenglischen Humor.
Die Aufregung, die Joy Division damals ausgelöst haben, kommt zwar dadurch eher en passant rüber, aber dafür passt der Ton dann doch besser zu Curtis‘ Geschichte, so wie Corbijn sie erzählt: Mit der Gründung einer Band einen Gegenmythos zu den herrschenden Mythen hochziehen zu wollen und dann doch wieder dieser Mystifizierung in ganz alltägliche Dinge entkommen zu wollen.
Ich habe diese Nüchternheit beim Zuschauen sehr geschätzt. Als ich Joy Division zum ersten Mal gehört habe, war Ian Curtis schon ein, zwei Jahre tot und einige seiner Epigonen schon unterwegs (New Order inklusive). Ohne den dazugehörigen Mythos habe ich die Band nie gehört. Corbijn nimmt den Mythos weniger ernst als ich gedacht hätte (immerhin hat er mit seiner Bildsprache ja dazu beigetragen), aber der Blick auf die Zeit wird dadurch genauer. Hier und da zitiert er auch das Standardmobiliar von Filmen über diese Zeit (das Obszöne-Sachen-im-Fernsehen-sagen, den exaltierten Produzenten), aber das kommt sehr lässig und unaufdringlich daher und wirkt eher wie ein augenzwinkerndes Bekenntnis: So aufregend ist das ja alles nicht mehr, aber es gehört zum Spiel.
Umso erstaunlicher und schöner, dass die Musik immer noch nichts von ihrer Kraft eingebüßt hat. Im Film ist sie (sehr exakt) nachgespielt worden, was aber nicht weiter stört: Man hört die Originale umso besser durch.
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