Die Siedlung Busch


Siedlung Busch

Ein kleines Idyll im Schatten der Halde: Die Siedlung Busch bei Alsdorf entstand als soziales Wohnbauprojekt, das den Bergleuten in der nahegelegenen Grube Anna die Möglichkeit zum Erwerb eines Eigenheims bieten sollte. Verantwortlich war die staatliche Aachener Bergmannssiedlungsgesellschaft (ABS), die heute noch existiert (wenn auch nur noch als Beteiligung des Evonik-Konzerns).

Siedlung Busch

Im Unterschied zu den Trabantensiedlungen, wie sie an vielen anderen Orten hochgezogen wurden, ging es in Busch ganz offensichtlich nicht nur darum, möglichst viele Menschen auf möglichst wenig (oder möglichst effizient zu organisierendem) Platz unterzubringen. Stattdessen ist hier ganz offensichtlich versucht worden, ein eher dörfliches Miteinander zu entwickeln und so etwas wie das Modell einer ländlichen Kleinstadt nachzubilden.

Siedlung Busch

Das sieht man ganz deutlich am Grünen Platz, mit seinem Abwechslungsreichtum an baulichen Formen und Zitaten: Treppengiebelchen hier, geklinkerte Türstürze dort, moderne und traditionelle Formen wechseln sich ab. Auch in den anderen Wohnstraßen hat man sich um Abwechslung bemüht: Die einzelnen Reihenhäuschen ähneln sich, aber gleichförmige Monotonie wurde bewusst vermieden.

Siedlung Busch

Das hat natürlich etwas Puppenstubenhaftes, auch deshalb, weil die Häuser ganz offensichtlich erst vor wenigen Jahren saniert worden sind und in bunten Farben angestrichen wurden (ob das auch schon zur ursprünglichen Konzeption gehörte, weiss ich nicht). An einem trüben Tag wie heute wirkt das Idyll jedoch angenehm gedämpft. Zudem schiebt sich die Abraumhalde immer wieder in die Sichtachse der kleinen Straßen und erinnert daran, dass das Leben hier alles andere als einfach war. Um das noch zu unterstreichen, erinnert ein Mahnmal auf dem Grünen Platz an die Toten des Bergbaus. 1930, als die Siedlung noch ganz neu und frisch bezogen war, ereignete sich auf der Grube Anna eines der schlimmsten Unglücke im deutschen Bergbau: Nach einer Gasexplosion stürzte ein Förderturm auf ein benachbartes Gebäude, 271 Menschen verloren dabei ihr Leben.

Siedlung Busch

Im Alltag mag die Idylle durch nachbarschaftliche Kontrolle geregelt worden sein. Das hat man wohl bei der Anlage der Siedlung bewusst so konzipiert: Kein Haus liegt wirklich im Abseits, die Gärten gehen zwar nach hinten raus, sind aber von den Nachbargrundstücken und von den kleinen Verbindungssträßchen gut einzusehen. Der Rückzug ins Private wird nur bis zu einem bestimmten Grad gestattet.

Siedlung Busch

Die Nachbarschaft als Kontrollinstanz, das ist ein Instrument, das dann die Nazis in den von ihnen konzipierten Siedlungen zu perfektionieren versuchten. In Alsdorf gibt es drei sogenannte „Ley-Siedlungen“ – Begau, die Broicher Siedlung und Zopp -, und es lohnt sich, einen Spaziergang durch Busch mit einer Visite in einer der drei anderen Siedlungen zu verbinden. Auch wenn man in allen Dreien das ursprüngliche Kalkül nur noch ansatzweise wahrnehmen kann: Die Bebauung der Nachkriegsjahre, und individuellere Präferenzen bei der Renovierung und beim Umbau der Häuser haben aus den ehemaligen Nazi-Vorzeigesiedlungen mittlerweile eher durchschnittliche, allenfalls ein bißchen biedere und langweilige Wohnviertel gemacht. Aber das ist ja auch ganz gut so.

(Der WDR hatte übrigens in der vergangenen Woche ebenfalls einen Beitrag über Busch in der Aachener Lokalzeit, den man hier ansehen kann – dem Wetter nach zu urteilen, kann der Besuch in der Siedlung nicht allzu lange her sein. Der Beitrag ist zwar arg betulich geraten, aber man sieht wenigstens ein paar Bilder von den Häusern in Busch.)

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