Populäre Handbücher und allgemeinverständliche How-To’s, die wissenschaftliche Erkenntnisse auf ein populäres und praktisches Maß herunterkochen, sind keine neue Erfindung. Ein schönes Beispiel aus der Renaissance findet sich im Giornale Nuovo, nämlich Hieronymus Rodlers Schön nützlich büchlin und underweisung der kunst des Messens (1531).
Rodler versteht sein Traktat ausdrücklich als eine leicht verständliche Aufbereitung von Dürers Underweysung der Messung, die wenige Jahre zuvor erschienen war. Ganz bewußt verzichtet Rodler auf die philosophischen und kunsttheoretischen Ausführungen Dürers und beschränkt sich ausschließlich auf praktische Handlungsanweisungen, Tipps und Tricks für eine Leserschaft aus „Malern, Bildhawern, Goldschmiden, Seidenstickern, Steynmetzen [und] Schreinern“.
In der Vereinfachung des Dürerschen Systems geht Rodler allerdings recht weit, wenn er es nicht sogar verfälscht, so dass es nur noch für „einige Formen einfacher Komposition“ taugte, die von „konvergierenden Orthogonalen dominiert“ werden und „wenig Gespür dafür [aufweisen], wie eine maßvolle Kontrolle über die Skalierung von Entfernungen im Raum“ auszuführen ist, um das Giornale Nuovo zu zitieren.
Schön anzusehen sind allemal die Bilder, mit denen Rodlers Traktat illustiert wurde und von denen sechs im Giornale Nuovo zu sehen sind. Es ist gut möglich, dass diese Bilder vom Rodlers Brotherrn stammen, dem kunstinteressierten Pfalzgrafen Johann II., der sich auch als Dichter und Übersetzer hervorgetan hat, beispielsweise mit der ersten gedruckten Übersetzung des Haimonskinder-Stoffs.
Zu sehen sind einige einfache und schlicht strukturierte Szenen, die vor allem Rodlers Lehrsätze illustrieren sollen, aber hier und da auch mit hübschen Details aufwarten, die kleine Einblicke in das tägliche Leben am Hof oder in der Stadt erlauben.
Rodler war ein enger Vertrauter Johanns, an dessen Hof in Simmern er als Sekretär und später als Kanzler wirkte. Außerdem betrieb er, wenn auch nur für wenige Jahre, eine Druckerei, die sein Büchlin und einige dichterische Werke Johanns auf den Markt brachte. Von Johann weiß man, dass er in der Kunst des Holzschnitzens bewandert war, das einzige Indiz für seine Autorschaft sind allerdings die Initialen „H.H.“, die in einigen Bildern auftauchen und für seinen populären Namen, Herzog Hans vom Hunsrück, stehen könnten. Ein „H.H.“ ist auch für die Holzschnitte in einem weiteren, von Rodler gedruckten Buch verantwortlich, einer Art Bildgeschichte des Turnierwesens.
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