Super abgefüllt


Es ist ein toughes Geschäft, das Schreiben über den Radsport im Zeitalter des Eigenblutdopings. Radsportjournalisten sind Gewohnheitsdealer, ihre Ware sind aufgepimpte Klischees und Metaphern, die anderswo längst auf Eis gelegt wurden. In einem Artikel über die Tour de France müssen mindestens zwei Dutzend Formulierungen vorkommen à la „Er hat sie leibhaftig erlebt, diese Hölle. Vor allem: Er hat sie überlebt.“ Aber weil es zur Zeit einen zwiespältigen Beigeschmack hat, wenn man solche Stehsätze über Radprofis schreibt, und andererseits die Textstrecken zur Tour doch irgendwie gefüllt werden müssen, hängt man die Metaphernware halt einem aufrechten Amateur um den Hals.

Zum Beispiel anläßlich des Volksradelns nach L’Alpe-d’Huez, das zwar schon vor einer Woche stattfand, aber das die Süddeutsche erst heute einrückt. In der Zeit dazwischen hätte man den Text vielleicht auch sorgfältig Korrektur lesen können, aber dann wäre uns ein paar nette Typos entgangen, zum Beispiel der vom Col de l’Aubelisque (benannt nach dem berühmten Gallier mit den Hinkelsteinen) oder dieser hier, der ins Zitat des Radamateurs Taufig Khalil gerutscht ist:

Ich füllte mich super.

Da hat er was mit vielen anderen Bergfahrern gemeinsam. Lustig ist auch folgendes Zitat:

„Ich schwöre, dass ich zu 100 Prozent sauber bin und noch nie gedopt habe“, sagt Khalil, der danach lachen muss, weil das schon lustig ist, wie er, der Amateur, ein Statement wie ein Profi abgibt.

Vielleicht macht er das, weil er, der Amateur, sich wie ein Profi vorbereitet hat, nämlich mit Hilfe der Tour-Ärzte von Jan Ullrich, und es momentan ratsam ist, dass man, wenn man Sachen macht wie Jan Ullrich, dabei betont, dass man nicht alle Sachen macht wie Jan Ullrich. Lustig ist auch, wie sie, die Süddeutsche Zeitung, munter an der Legende weiterstrickt, dass Doping nur eine Sache von Profis ist und Amateure eigentlich nicht nötig haben, solche Statements abgeben zu müssen, während die FAZ erst vor ein paar Tagen was ganz anderes erzählt hat. Aber Journalisten werden eben nur selten auf den exzessiven Einsatz von Stereotypen getestet.

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