Walk This Way


Oculus

The most profound technologies are those that disappear. They weave themselves into the fabric of everyday life until they are indistinguishable from it. (Mark Weiser)

Die Abbildung oben stammt von dieser Seite und ist wohl eine Art Mock-Up für ein interessantes Software-Tool, an dem zur Zeit eine spanische Forschergruppe arbeitet. OCULUS heißt das Projekt, und es geht um die Entwicklung eines „kognitiven Überwachungssystems zur Erkennung unkorrekten Verhaltens im Straßenverkehr“, wie es in dieser Pressemeldung heißt.

Die Forscher haben, lesen wir weiter, „eine intelligente Überwachungssoftware“ entwickelt, die – vereinfacht gesagt – erkennen kann, ob jemand bei Grün oder Rot über die Straße geht. Grundlage der Software ist ein „theoretisches Modell“, mit dem „Normalität in beliebigen Szenarien, die man zu überwachen wünscht“, definiert werden kann. Das ist ein Anspruch, der natürlich weit über bloße Verkehrsüberwachung hinausgeht, auch wenn die Forscher den Einsatz ihrer Software zunächst einmal dafür vorschlagen, Verstöße im Straßenverkehr besser zu ahnden.

Es gibt auch andere Szenarien. Zwei der an Oculus beteiligten Forscher sind auch bei Hesperia involviert, einem Homeland-Security-Projekt mehrerer spanischer Universitäten, Forschungszentren und Technologiefirmen. Ziel des Projekts ist die Entwicklung von Sicherheitstechnologien für öffentliche Infrastrukturen und Plätze.

Man braucht nicht viel Phantasie, um sich die Einsatzmöglichkeiten eines Tools wie Oculus vorzustellen: Eine Art elektronischer Rentner am Fenster, der den Alltag auf der Straße nach Unregelmäßigkeiten scannt. Der Straßenverkehr ist nun ein relativ einfach zu standardisierendes und auf Unregelmäßigkeit und Abweichung überprüfbares System. Der Versuch, ein solches Raster von Normalität und Devianz auf die Komplexität moderner Städte zu übertragen, ist aber nicht nur methodisch heikel, sondern geht – wie der Urbanist Stephen Graham gezeigt hat – meist einher mit einem tiefen Mißtrauen gegen eben diese Komplexität, einer fundamentalistischen Pathologie der Abscheu, die die Stadt als einen hobbesianischen Dschungel essentialisiert, dessen potenziell zerstörerische und destruktive Wucherungen ständig unter Kontrolle gehalten werden müssen. Die militärische Fantasievorstellung, dass diese Wucherungen in all ihren Feinheiten sichtbar und gewusst werden können, ist der Antrieb hinter Projekten wie dem hier gezeigten.

(Man betrachte etwa die Diplomarbeit (PDF) von Javier Albusac, einem der beteiligten Forscher, in dem die Überprüfung von Normalität quasi als Atomisierung eines Ereigniskorridors modelliert wird: Normalität liegt dann vor, wenn sich einzelnen „Atome“ möglichst genau einer vorgegebenen Erwartungskurve entsprechen.)

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