Spex reloaded


Keine Atempause
Pünktlich zum Abgang der lange wichtigsten Musikzeitschrift feiert die Zeit mit einer kleinen Galerie deren Fotografen und Mitherausgeber Wolfgang Burat. An einige der Bilder kann ich mich sogar noch im Original erinnern, zum Beispiel das von Pseiko Lüde: Das war ursprünglich in Farbe und diente sogar als Titelbild. (Der Preis für die vergessenste Spex-Titel-Band aller Zeiten geht aber wohl an Trigger & The Thrill Kings.)

Was man an der Bilderstrecke sehr schön sehen kann, ist, wie viel Anteil Burat daran hatte, dass die Spex so nahe lag. Wenn einem aus dem kreativen Textchaos ein erkennbares Gesicht entgegenlugte, dann war das im wesentlichen sein Verdienst: Die Spex wollte man auch deshalb kaufen, weil sie einfach klasse aussah. Mindestens in ihrer großformatigen Phase und noch oft genug in der standardisierten Größe. Es gab damals im deutschsprachigen Raum einfach kein anderes Magazin, das der optischen Inszenierung von Pop so einen hohen Stellenwert beimaß, zumindest keines, das auch einigermaßen gut erreichbar war. Der MusikExpress etwa hatte damals ein Layout, das aussah, wie am Küchentisch zusammengeschnipselt.

In die Tonne kloppen könnte man aber den größten Teil der kreuzdämlichen Begleittexte, den die Zeit neben die Bilder gezwängt hat (Sprechblasen wie „Abgeklärtheit verdrängte mit Beginn der Neunziger die aufgeschlossene Naivität, mit der so mancher ein paar Jahre vorher noch in Burats Objektive geblickt hatte“, auch noch neben einem Bild von Anfang der Achtziger.) Und dass bei solchen Gelegenheiten ständig behauptet werden muss, was für eine „wilde“ Zeit die Achtziger waren, ist auch ein bisschen albern, so richtig aufregend waren die doch nur über kurze Strecken. Es ist sicher kein Zufall, dass die meisten Bilder, die in der Zeit präsentiert werden, eher aus den frühen Achtzigern stammen.

Die Bilder stammen aus einem feinen Buch – Keine Atempause. Musikerfotos der Achtziger -, das etwa 120 Schwarzweiß-Fotos präsentiert, zusammen mit ein paar einführenden Texten und Biographien. Das Schwarzweiß ist – siehe Lüde – nicht immer original, es hat manchmal ein wenig von erborgter Erhabenheit, aber das paßt ja auch wieder ganz gut zu den Achtzigern, die lange genug eine Ära ohne eigenen Stil waren, dafür mit viel Behauptung und Inszenierung.

Die Verlagsbeschreibung klingt ein bißchen irreführend – „öffnete Burat erstmals sein Archiv“ -, da gab es doch schon die empfehlenswerte DVD 80% Flash, die man unter anderem hier bekommen kann und auf der es fast vier Mal so viele Bilder zu entdecken gibt. Einige davon auch in Farbe.

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