Rumble on the Ruhr


Die WAZ will also ein größeres Rad drehen im Internet als bisher, wo sie ja eher durch das desinteressierte Herumschieben von größeren und kleineren Klötzchen aufgefallen ist. In den Meldungen und Blogeinträgen dazu werden die kurrenten Summwörter der Branche hin- und hergeworfen. Eine Info-Portal will man aufbauen, mit Community-Aspekten natürlich, Blogs und Bilder wird man da wohl auch finden, eine prominente Bloggerin hat man auch dafür angeheuert. Ansonsten weiß man noch nichts Bestimmtes, vermutlich auch bei der WAZ noch nicht. Was man natürlich schon weiß bei der WAZ, ist, dass das Ganze „spektakulär“ werden wird, so wie es auch schon die ersten gibt, die eben so genau wissen, das alles spektakulär scheitern wird.

Das Spektakuläre an der ganzen Geschichte ist mir bisher noch nicht aufgegangen, weder in der einen oder anderen Richtung. Da hat sich ein Medienunternehmen ein bißchen umgeguckt, was sich so tut, versucht jetzt, Begrifflichkeiten zu besetzen und das eine oder andere zu adaptieren. Das hat’s ja immer schon gegeben, auch wenn die WAZ bisher vielleicht nicht durch große Geschwindigkeit aufgefallen ist. Dass es alles schon mal gegeben hat, ist freilich auch kein Argument dagegen, es pegelt die Lautstärke beim Getrommel höchstens auf ein erträglicheres Maß ein.

So lange man nicht weiß, was da wirklich kommen soll, ist es schwer einzuschätzen, ob das Ding fliegen wird. Nach außen hin wird dem Projekt eine gewisse Offenheit und Risikobereitschaft zugestanden, aber wenn so ausdrücklich volle Rückendeckung zugesichert wird, dann klingt das immer ein bißchen nach dem, was die Geschäftsführer abstiegsbedrohter Fußballvereine über ihre Trainer sagen. Es wird dem Projekt nicht anders gehen als anderen Geschichten auch, die Controller werden da sicher nicht mit einem altruistischen Auge draufschauen und dann wird es darum gehen, wer intern die gewichtigsten Argumente hat. Es ist doch die Regel und nicht die Ausnahme, dass ein Projekt am Ende selten so aussieht wie am Anfang, und das Endergebnis ist eher ein Mischprodukt aus Pragmatismus und Hahnenkampf.

Das Problem mit Communities ist, dass man sie nicht so einfach aus der Retorte hochzüchten kann, und selbst da, wo es gelingt, ist die Halbwertszeit eher mäßig. Leser einer bestimmten Zeitung zu sein, schafft ja alleine noch kein Gemeinschaftsgefühl. Bewohner einer Region zu sein, vielleicht schon eher, aber wenn die Region so heterogen und komplex ist wie das Ruhrgebiet, wird das auch schwierig. Wenn man einfach nur ein nettes Label sucht, unter dem man dann alle möglichen marketingrelevanten Zielgruppen zusammenbinden kann, dann mutet man dieser Marke einen großen Belastungstest zu. Man muss nur mal schauen, wie sich „Communities“ im Internet bisher so entwickelt haben, und dann ist wohl klar, dass man sich bei der WAZ live/Westline auf eine große Heterogenität der Inhalte einlassen müsste, was Menge, Qualität, Aktualität usw. angeht.

Es ist ja nicht so, dass Zeitungen noch nie den Dialog mit dem Leser inszeniert hätten. In der Regel läßt man die Vox populi aber nur mitplaudern, wenn man sie auf einen stubenreinen Tonfall domestiziert hat. Das ist auch weitgehend risikolos, weil das Mitteilungsbedürfnis großer Teile der Bevölkerung sich ohnehin nur darauf beschränkt, sich gegenseitig das zu versichern, was alle denken. Was spricht dafür, dass das auf dieser Plattform anders sein könnte?

Was die WAZ versucht, probieren andere Medienhäuser ja auch schon seit längerer Zeit, seit es sich rumgesprochen hat, dass es durchaus attraktiv sein kann, den langen Schwanz an Nischen- und Lokalthemen irgendwie zu besetzen oder besetzt zu halten, andererseits den Aufwand dafür gering zu halten. Man wird mal schauen müssen, wie ernst die WAZ diese Plattform wirklich nimmt, und ob da nicht ein Experiment zum Zwischenlager wird für Kompetenzen, die anderswo aufgegeben werden.

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