Par condicio


Berlusconi tut ja im Moment alles, um seine Unabwählbarkeit sicher zu stellen. Nachdem er schon das Wahlgesetz in seinem Sinne hat ändern lassen, will er sich nun einen Aspekt des italienischen Medienrechts vornehmen: Die sogenannte „par condicio“-Regelung.

Par condicio heißt soviel wie „gleiche Bedingungen“: Das so benannte Gesetz legt fest, dass allen Parteien auf allen Sendern die gleiche Sendezeit zusteht. Warum diese Regelung Berlusconi ein Dorn im Auge ist, kann man leicht erklären: Das Gesetz stammt noch aus der Zeit der Mitte-Links-Regierung, die eben damit den Einfluß des Medienzaren Berlusconi eindämmen wollte.

Das ist ihr nicht gelungen: Die Einhaltung des Gesetzes ist in der Praxis kaum zu kontrollieren, die Vorgaben sind leicht zu unterlaufen und italienische Medienforscher gehen davon aus, dass von der Sendezeit, die die Parteien beanspruchen können, mittlerweile fast drei Viertel durch die Mitte-Rechts-Koalition genutzt werden. (Im Fluter gibt es einen guten Artikel dazu.)

Als Staatspräsident reicht Berlusconis Einfluß inzwischen von den drei TV-Sendern seiner Firma Mediaset bis ins Staatsfernsehen RAI. Trotzdem gehört das Jammern über eine neiderfüllte und mißgünstige Medienlandschaft, in der angeblich linke Seilschaften ihr fieses Zepter schwingen, zum Standard-Arsenal seiner Rhetorik und der seiner Parteigänger. Erst vor kurzem konnte sich das rechte Ressentiment wieder bestätigt fühlen, als Adriano Celentanos Show Rockpolitik im staatlichen Fernsehen RAI lief. Und auch jetzt sieht sich Berlusconi, der das Gesetz gern „impar condicio“ nennt, als Kämpfer für Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung: Es gehe ihm nur darum, den Italienern das korrekt mitteilen zu können, „was wir in der Regierung gemacht haben“.

Ob Berlusconi mit der Änderung des Gesetzes durchkommt, ist allerdings durchaus noch fraglich. Denn diesmal sind auch die Koalitionspartner mißtrauisch. Vor allem bei der UDC gibt es wenig Begeisterung angesichts der Vorstellung, Berlusconis Forza Italia könnte ihre Position noch weiter ausbauen. Auf einer Pressekonferenz gestern ist der Cavaliere darum ein bißchen zurückgerudert, wenn auch nur ein paar Zentimeter: Erst müsse die Reform des Wahlrechts umgesetzt werden, dann werde man sich „möglicherweise“ und „in aller Ruhe“ das Thema par condicio vornehmen.

Und sollte am Ende doch das Undenkbare passieren und Berlusconi abgewählt werden, dann wird gerade auch für diesen Fall vorgesorgt: Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, soll für die Akten des Ministerpräsidenten ein neues Archiv aufgebaut werden. Für das gelten dann nicht mehr „die Bestimmungen des italienischen Archivgesetzes, sondern politische Sonderregelungen“. Damit neugierige Zeithistoriker ihre Nase nicht zu tief in die Angelegenheiten des Präsidenten stecken.

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